Als Füllner und die studentische Theatergruppe the EDNAs planten, „Chaos“ zu inszenieren, ahnten sie nicht, dass dieses Unterfangen in der Tat sehr chaotisch werden sollte. Zu Beginn der Planungen besaß Suhrkamp die Rechte an dem Text noch nicht. Erst vor zwei Monaten erwarb der renommierte Verlag die Rechte, die bis dahin bei einer finnischen Agentur gelegen hatten. Von eben jener Agentur hatte Füllner jedoch zuvor die Zusage für eine Aufführung eingeholt – allerdings nur mündlich. Von da an war Füllner gezwungen, sich an den Suhrkamp Verlag für Medien & Theater zu richten, um die Aufführungsgenehmigung einzuholen. Eine vage Zusage erfolgte – wieder nur mündlich. Dann zog Suhrkamp die Erlaubnis plötzlich zurück. Anstatt einer Inszenierung sollte den Studierenden lediglich eine Lesung gestattet werden. Nicht einmal eine szenische Lesung durfte es sein.
Um den rechtlichen Spielraum der Misere auszuloten, sprach Füllner mit einem Anwalt für Theaterrecht. Dieser erklärte, im Zweifelsfall könne der Autor den Studierenden die Aufführung seines Stückes erlauben. Deswegen wandte sich Füllner direkt an den Autor. Mika Myllyaho. Dieser kommt ursprünglich selbst aus dem studentischen Theaterbereich. Zur Freude der Bochumer TheatermacherInnen zeigte sich Myllyaho von der Idee begeistert. Letztlich waren jedoch auch ihm die Hände gebunden. Denn beim Suhrkamp Verlag hatte er einen wasserdichten Vertrag unterzeichnet. Offenbar hatte Mika Myllyaho Suhrkamp dabei sämtliche Aufführungs- und Vortragsrechte an seinem Stück eingeräumt. Deswegen kann der Verlag und nicht der Autor darüber bestimmen, ob eine Aufführung stattfinden darf oder nicht.
Suhrkamp ist sauer
Nachdem man bei Suhrkamp davon erfuhr, dass hinter dem Rücken des Verlags Gespräche mit dem Autor stattgefunden hatten, war man dort `not amused`. Füllner gesteht ein: Er und die Studierenden hätten erst dann mit den Proben beginnen sollen, wenn eine schriftliche Zusage vorgelegen hätte. „Gerne hätten wir Mika Myllyaho als finnischen Autor auch im deutschsprachigen Raum bekannter gemacht. Wir wollten niemandem eine Uraufführung wegnehmen. Die Sache mit der Erstaufführung scheint jedoch ein spezifisch deutsches Problem zu sein. Wir haben auch schon viele englische Sachen auf Englisch gemacht. Damit hat es nie Schwierigkeiten gegeben.“
Kleine Bühne, kein Prestige?
Große deutsche Verlage wie Suhrkamp haben ein enormes Interesse daran, dass die Erstaufführung eines Stückes an einem namhaften Theaterhaus stattfindet. Hier spielen neben einem ökonomischen Kalkül auch Prestigegründe eine Rolle. Was die Popularität betrifft, gehört die kleine studentische Studiobühne der RUB natürlich nicht zum Who-is-Who der deutschsprachigen Theatertempel. Auch die mündliche Zusage des Autors änderte nichts an der Entscheidung von Suhrkamp. So bleibt die endgültige Entscheidungshoheit in den Händen des Verlags. Obwohl Füllner sich dafür einsetzte, Myllyahos Arbeiten in Deutschland bekannter zu machen und zudem mit der Übersetzerin bekannt ist, die das finnische Stück ins Deutsche übertrug, lässt sich Suhrkamp nicht erweichen.
Karin Freymeyer, die Leiterin des Musischen Zentrums zeigt sich enttäuscht: „Ich finde es sehr, sehr schade, dass das Stück nicht aufgeführt wird. Natürlich auch, weil schon so viel Arbeit da reingesteckt worden ist.“ Bis zum Redaktionsschluss war es nicht möglich, vom Suhrkamp Verlag für Theater & Medien eine offizielle Stellungnahme zu den Vorgängen einzuholen. Bis zum 15. Juni ist die verantwortliche Mitarbeiterin offenbar telefonisch nicht zu erreichen. So ein Theater!
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