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Brokdorf blockieren, das hat Tradition. Das Atomkraftwerk an der Elbmündung ist ein Symbol der deutschen Anti-AKW-Bewegung. Brokdorf steht allerdings nicht nur für den massenhaften Widerstand gegen Atomkraft, der hier in den 1970er und 80er-Jahren stattfand. Der Ort steht auch für die Durchsetzungskraft der Atomlobby: Im Herbst 1986 ging das AKW als weltweit erste neue  Anlage nach dem Super-GAU in Tchernobyl ans Netz. 2011 soll die Symbolkraft von Brokdorf erneut wirken – diesmal im Sinne der Atomkraft-GegnerInnen.

Hinter der eingängigen Alliteration „Block Brokdorf” steckt ein breites Bündnis aus linken Gruppen und den verschiedensten Umwelt- und Anti-Atombewegungen. Entstanden ist die Kampagne aber nicht etwa in dem kleinen Städtchen am berühmten Atommeiler, sondern auf einer überregionalen Anti-AKW-Konferenz. „Wir organisieren uns dezentral und mobilisieren gezielt nicht nur lokal, sondern bundesweit“, so Anna-Lena Zinzek, eine der Sprecher­Innen der Kampagne. Das Ziel ist ehrgeizig: Ab dem 11. Juni soll das AKW Brokdorf massenhaft blockiert werden, um die lange geplanten Wartungsarbeiten im Kraftwerk so effektiv wie möglich zu stören. Für die Revision ist das Kraftwerk abgeschaltet – und wird auch nicht mehr hochgefahren, bis die Prüfung ordnungsgemäß vollzogen ist. Die Betreibergesellschaft E.ON reagierte zunächst nervös auf die Blockadepläne. Sogar eine Absage der Revision wurde wohl intern diskutiert. Nun sollen die Arbeiten aber doch plangemäß stattfinden. „Da hängt auch ein großer finanzieller Aufwand dran. Eine Absage wäre E.ON zu teuer”, vermutet Anna-Lena Zinzek.

Erst aussteigen, dann enteignen

„Block Brokdorf“ hofft für das Projekt auf die Dynamik der bundesweiten Empörung über den „Ausstieg vom Ausstieg“, die nach Fukushima auf dem Höhepunkt angelangt ist. „So handlungsfähig wie im Moment war die Anti-AKW-Bewegung selten oder gar noch nie“, glaubt Zinzek. Die politischen Ziele von „Block Brokdorf“ beschränken sich allerdings nicht auf die Forderung nach dem sofortigen Ausstieg. Die Kampagne will mehr: nämlich die Enteignung und Vergesellschaftung der großen Energiekonzerne. „Wir wollen das Monopol von E.ON und Co brechen, die Stromversorgung dezentralisieren und unter gesellschaftliche Kontrolle bringen“, sagt Zinzek. Nicht die Verstaatlichung, sondern die Überführung der Energieversorgung in kleine, demokratisch kontrollierte Einheiten sei das Ziel, heißt es in der Absichtserklärung der Kampagne.

Zu viel gewollt?

Diese Forderung könnte das politische Fassungsvermögen großer Teile der sehr breit gewordenen Anti-AKW-Bewegung nach Fukushima überschreiten. Im Aktionskonsens von „Block Brokdorf“ spielt sie trotzdem eine zentrale Rolle. Die dezidiert linke Kampagne baut auf die aufgestaute Frustration der heterogenen Anti-AKW-Bewegung. Die Macht der Atomlobby habe schließlich immer wieder zu faulen Ausstiegskompromissen geführt. „Für uns ist deshalb klar: Das Ziel einer sozialen und ökologischen Energieversorgung ist letztlich nicht zu erreichen, ohne den Energieriesen die Kontrolle zu entziehen.“

Aus dem Pott an die Elbe

Frank Laubenburg schlug als Redner für „Block Brokdorf“ auf der Großdemo in Essen in die gleiche Kerbe: Sogar die Landesverfassung NRW fordere eine Vergesellschaftung von E.ON und Co, erläuterte Laubenburg am Samstag: „Großbetriebe der Grundstoffindustrie und Unternehmen, die wegen ihrer monopolartigen Stellung besondere Bedeutung haben, sollen in Gemeineigentum überführt werden“, heißt es in Artikel 27. „Von daher ignoriert und bricht der NRW-Landtag seit Jahr-zehnten die Verfassung, indem er diesen Artikel schlichtweg ignoriert.“
Auf der Anti-Atom-Demo in Essen stießen Frank Laubenburg und „Block Brokdorf“ auf viel Zustimmung. Für das Pfingstwochenende organisiert das Bündnis auch im Ruhrgebiet Busse und Mitfahrgelegenheiten nach Schleswig-Holstein, um die Blockierwilligen ans AKW zu transportieren.

Weitere Infos: www.block-brokdorf.org

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