Im Jahr 2007 beschloss die damalige schwarz-gelbe Landesregierung eine umstrittene Schulreform. Viele Schülerinnen und Schüler fühlten sich tief in die Vergangenheit versetzt, als sie auf ihren Zeugnissen die Zusatznoten „Leistungsbereitschaft“, „Zuverlässigkeit/Sorgfalt“ und „Sozialverhalten“ entdeckten. Auch wenn diese sogenannten Kopfnoten nur mit den Ziffern 1 bis 4 bewertet werden durften, fand dadurch eine weitere soziale Selektion statt.
Kopfnoten adé
Mit der Wiedereinführung der Kopfnoten hat die ehemalige schwarz-gelbe Landesregierung versucht, einen Schritt ins letzte Jahrhundert zu machen. Mit den Bemerkungen zum Arbeits- und Sozialverhalten waren die Lehrer_innen, die Schüler_innen als auch die Eltern völlig überfordert. Nun hat dieses traurige Kapitel endlich ein Ende gefunden. Die rot-grüne Minderheitsregierung schafft die Kopfnoten nach gut drei Jahren wieder ab. Bereits im laufenden Halbjahreszeugnis werden die umstrittenen Noten nicht mehr auftauchen. Dem AStA an der RUB geht die Rücknahme nicht weit genug. „Es ist weiterhin möglich, Bemerkungen zum Sozialverhalten der Schüler_innen abzugeben“, erklärt der AStA-Vorsitzende Jan Keitsch. „Diese Vereinheitlichung von jungen Menschen zieht sich inzwischen von den Schulen bis in die Universität.“ Die Bemerkungen sind jedoch nun individuell und nur im Ausnahmefall vorgesehen. Diese nicht ganz konsequente Entscheidung der rot-grünen Landesregierung veranlasste die Linksfraktion, sich der Stimme zu enthalten. Nicht alle Lehrer_innen sind über die Wiederabschaffung der Kopfnoten glücklich. Einige von ihnen sahen sie auch als Chance sogenannter leistungsschwacher Schüler_innen in anderen Disziplinen zu glänzen. Doch häufig verschlechterten sie die Situation der sozial schwächeren Kinder zusätzlich. Für viele Expert_innen waren die Kopfnoten Benimmnoten, die konformes Verhalten fördern und eigenständiges Denken verhindern sollten.
Wiedereinführung der Drittelparität
Ein noch größerer Skandal war die Abschaffung der Drittelparität an den Schulen. Dies war ein schwerer Eingriff in demokratische Prinzipien und wurde von Expert_innen schwer missbilligt. Bis vor der schwarz-gelben Schulreform konnten Lehrer_innen, Eltern und Schüler_innen gleichberechtigt auf Schulkonferenzen mitentscheiden. Dies wurde von Rot-Grün wieder eingeführt. Endlich haben Schülerinnen und Schüler wieder das gleiche Mitbestimmungsrecht wie Lehrer_innen und Eltern.
Fehlzeiten kein Hindernis für den Berufsstart mehr
Derzeit werden auf den Abschlusszeugnissen (Hauptschulabschluss, Mittlere Reife, Abitur) auch die Fehlzeiten der Schüler_innen festgehalten. Dies war für einige Arbeitgeber_innen ein guter Anreiz, Bewerber_innen abzulehnen. Die Gründe für die Fehlzeiten spielten dabei keine Rolle. Ob sie wirklich dem Desinteresse der Schüler_innen geschuldet waren oder ob sie unterfordert waren, die Schule selbst einen schlechten Unterricht anbot, war völlig egal. Schon im laufenden Halbjahreszeugnis dürfen auch die Fehlzeiten nicht mehr auftauchen.
Eltern haben das letzte Wort
Die schwarz-gelbe Landesregierung hat seinerzeit auch verbindliche Grundschulgutachten eingeführt. Somit haben die Lehrer_innen eines Kindes entschieden, auf welche weiterführende Schule das Kind nach der Grundschulzeit gehen darf. Der Elternwille spielte dabei keine Rolle mehr. Dies wurde nun von der rot-grünen Minderheitsregierung wieder rückgängig gemacht. Jetzt können die Lehrer_innen nur noch Empfehlungen abgeben, die Eltern entscheiden letztendlich. Als eine Art Kompromisslösung entschied sich die ehemalige schwarz-gelbe Landesregierung den Prognose-Unterricht einzuführen. Dieser sollte möglich sein, wenn sich Eltern und Grundschule uneinig waren. Häufig ging das Experiment schief. Der Prognose-Unterricht wird in der aktuellen Schulreform ebenfalls wieder abgeschafft.
Grundschulbezirke wieder möglich
Schwarz-Gelb schaffte bei der letzten Schulreform ebenfalls die Grundschulbezirke ab. Diese Bezirke sind dafür da, dass Kinder auf die am nächsten gelegene Grundschule gehen. Das ist besonders für eine sozial ausgewogene Schüler_innenschaft sehr wichtig. Besonders reichere Eltern nutzen die Abschaffung, um ihre Kinder auf Schulen zu schicken, die einen geringeren Anteil sozial schwacher Kinder hatten. Dafür nahmen sie auch längere Wege in Kauf. Kinder ärmerer Eltern konnten sich hingegen nicht leisten, ihr Kind zu einer anderen Schule zu fahren. „Auch wenn glücklicherweise recht wenige Eltern davon Gebrauch gemacht haben, ist es positiv zu werten, dass die einzelnen Kommunen die Grundschulbezirke wieder einführen können. Damit haben Kommunen die Möglichkeit, Elite- und Problemschulen zu vermeiden“, folgert Jan Keitsch.
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