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Elf Organisationen – darunter der Deutsche Freidenker-Verband, der Humanistische Verband Deutschlands und der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten – haben den Koordinierungsrat säkularer Organisationen (Korso) aus der Taufe gehoben. Die Vereinigung sieht sich in einer langen Tradition europäischer Geschichte, die von der Antike, der Renaissance und dem Humanismus bis zu den neuzeitlichen Naturwissenschaften, der Aufklärung und den laizistischen Staatstheorien reicht.
Lange Zeit waren die Verbände und Stiftungen, die sich nun zusammengetan haben, uneins über die genaue Ausrichtung ihrer Ambitionen. Erst in den letzten Jahren näherten sie sich für ein gemeinsames Projekt an. Über Monate hinweg war über die Gründung eines „Zentralrats der Konfessionslosen“, unabhängig von den bestehenden Verbandsstrukturen, diskutiert worden. Im Modell eines Dachverbands allerdings würden die unterschiedlichen kulturellen und politischen Vorstellungen der einzelnen Unterorganisationen besser repräsentiert sein.
Der Forderungskatalog des Korso für die konsequente weltanschauliche Neutralität des Staates ist lang: finanzielle und rechtliche Gleichbehandlung der Weltanschauungsgemeinschaften, ein integratives Schulpflichtfach der Wertevermittlung, eine Reform der öffentlichen Erinnerungs-, Gedenk- und Trauerkultur, eigene Vertretungen in Ethikräten, Rundfunkräten und Bundesprüfstellen, Gleichbehandlung in den öffentlich-rechtlichen Medien sowie volle rechtliche Gültigkeit für Patientenverfügungen.

Kein Geld für Mixa

In seiner ersten Kampagne namens “Jetzt reicht’s! Staatsleistungen an die Kirchen ablösen!” fordert der Koordinierungsrat, die direkten Staatsleistungen an die katholische und die evangelische Kirche in jährlicher Höhe von circa 500 Millionen Euro ersatzlos zu streichen. Darunter fallen die Gehälter und Pensionen für Bischöfe und anderes Kirchenpersonal sowie die Unterhaltungskosten von bestimmten Kirchengebäuden. Diese Leistungen beruhen auf verfassungsrechtlich umstrittenen Staatskirchenverträgen, die bis zu 90 Jahre alt sind und in die Zeit der Weimarer Republik zurückreichen.
Insgesamt belaufen sich die indirekten staatlichen Zahlungen, Begünstigungen und Zuschüsse der Kirchen unter anderem durch Absetzbarkeit der Kirchensteuer, staatliche Finanzierung des Religionsunterrichts, Militärseelsorge und Unterhaltung der Theologischen Fakultäten auf jährlich rund 19,3 Milliarden Euro.

Atheismus ist in

Laut Schätzungen des Religionswissenschaftlichen Medien- und Informationsdienstes stellen die Konfessionslosen mit 34 Prozent die größte Weltanschauungsgemeinschaft in der deutschen Bevölkerung, gefolgt von der römisch-katholischen Kirche (30 Prozent), den evangelischen Landeskirchen (29 Prozent) und den muslimischen Gemeinschaften (4,3 Prozent). Nach einer Umfrage des Eurobarometers der Europäischen Kommission würden in Gesamteuropa immerhin noch 18 Prozent auf die Frage nach ihrer persönlichen Glaubenseinstellung mit „Ich glaube an keine höhere Form von Spiritualität, Gott oder Lebensenergie“ antworten.
Im englischsprachigen Raum machte in den letzten Jahren vor allem der sogenannte Neue Atheismus von sich reden. Dieser argumentiert auf vorwiegend empirisch-naturwissenschaftlicher Basis gegen theistische Glaubensformen und ist 2006 als Gegenbewegung zum evolutionsleugnenden Kreationismus entstanden. Die mediale Speerspitze ist eine Gruppe US-amerikanischer Autoren mit dem Spitznamen „The Four Horseman“, bestehend aus den Philosophen Sam Harris und Daniel Dennett, dem Evolutionsbiologen Richard Dawkins und dem Publizisten Christopher Hitchens. In ihren Büchern und Vorträgen versuchen sie, die grundsätzliche Schädlichkeit von Religion für Individuen und für das menschliche Zusammenleben herauszustellen.
Aber auch in Bochum tut sich was: Seit September diesen Jahres trifft sich der Stammtisch „Religionsfrei im Revier“ jeden vierten Freitag um 19.00 Uhr im Bahnhof Langendreer. Am 29. November wird dort Carsten Frerk, ein Vorstandsmitglied des Koordinierungsrats säkularer Organisationen, seine Erkenntnisse über die Finanzierung der Kirche durch den Staat in Form des „Violettbuch Kirchenfinanzen“ vorstellen.

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