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Bei Halloween wird meist nur an Kürbisse und Kostüme gedacht. Das ursprünglich keltische Fest konzentriert aber inzwischen vom kindlich-verspielten bis zum okkult-boshaften alle  dunklen Auswüchse des westlichen Kulturschaffens auf einen Tag. Durch Medienkonsum offenbaren sich diese Figuren uns – oft ohne kulturellen Hintergrund. Deswegen soll diese grobe Übersicht eine kleine Einordnung der größten Ikonen liefern.

„Fairies wear boots and you gotta believe me!”

Der große subkulturelle Divisor namens Popmusik hat lange Zeit einen Bogen um das Grauenhafte gemacht. Rock ‘n‘ Roll wurde zwar auch in der Anfangszeit als Teufelswerk bezeichnet, aber damit meinte der konservative Geist eher etwas anderes. Erst Ende der Sechziger griff Black Sabbath das Okkulte als Motiv auf. Das gleich miterfundene Genre des Heavy Metals hat diese düsteren Züge bis heute nicht abgelegt, so dass je nach Spielart das Ganze mal mehr (Black Metal) oder weniger (Nu Metal) satanisch abläuft. Shockrocker des Mainstreams, die bewusst „das Böse“ als Teil ihrer Bühnenpersönlichkeit aufnehmen, parodieren wie die aus Monstern bestehende Gruppe GWAR oder nehmen sich selber überaus ernst und punkten damit bei den 14jährigen Fans wie Marylin Manson. Die Rock bis Electro umspannende Goth-Szene hat wiederum ihre ganz eigene Verarbeitungsweise: mit Düsterromantik wird in melancholische Gefühlswelten eingetaucht – eine Antithese zum hypermaskulinen Metal. Die Personifizierung von Halloween überhaupt sind allerdings die Misfits: Ende der Siebziger gründete die Gruppe um Glenn Danzig das Subgenre des Horrorpunks. Der schwarze Humor des Punks mischt sich hier mit apolitischen Horroranleihen.

“What an excellent day for an exorcism.”

Auf der Leinwand gab es hingegen schon immer einen Hang zum Gruseln. Die mehrsinnliche Erfahrung im dunklen Kinosaal lädt geradezu dazu ein. Der Dreiminüter „Le Manoir du diable“ aus dem Jahre 1896 wirkt zwar heute eher belustigend als gruselig, zählt aber als der erste Horrorfilm. Wegen seines Alters kann das gemeinfreie Werk heute vollkommen legal im Internet geguckt werden. Die spätere Horrorfilmgeschichte kann gut in Wellen beschrieben werden: Auf die frühen deutschen expressionistischen Filme wie „Das Kabinett des Doktor Caligari“ und „Nosferatu“ der Zwanziger Jahre, psychologische Zerrbilder des Zeitgeistes, konnte Hollywood erst in den Dreißigern mit einer Reihe so genannter Gothic-Filme aufschließen. Darin wurden literarische Figuren wie Dracula oder Frankenstein verarbeitet; in den Vierzigern noch mit Stars wie Bela Lugosi und Boris Karloff, in den Fünfzigern immer mehr als austauschbare Massenware. Danach folgt eine Phase mit zwei Subgenres: apokalyptischer Horror, in dem Aliens oder tierische Mutationen die gesamte Erde bedrohen, sowie dämonischer Horror, mit dem Teufel als Antagonisten wie in „Rosemarie’s Baby“. Ende der Sechziger und in den Siebzigern produzierte die Counterculture mit Filmen wie „Night of the Living Dead“ und „The Texas Chainsaw Massacre“ den modernen, zeitgemäßen Horrorfilm. Das Böse ist nicht mehr eine simple Kreatur, sondern geboren aus den Sünden der konsumorientierten, entfremdeten Gesellschaft. Nach dieser Welle entstand mit „Halloween“ der erste Slasherfilm: ein psychopathischer Killer schlachtet einzeln seine Opfer ab. Das formelhafte Setting trieft meistens vor sexueller Konnotation: eine Gruppe Jugendlicher gibt sich vereinzelt an einem isolierten Ort ihren Trieben hin. Der Mörder „bestraft“ die Unzüchtigen der Reihe nach bis hin zur Klimax mit dem Final Girl. „Friday, the 13th“ und „Nightmare on Elm Street“ sind zwei weitere klassische Slasher-Franchises, die haufenweise Nachfolger und Remakes ablieferten. Diesem Bestrafungsszenario wurde in den 2000ern jegliche Subtilität geraubt. „Saw“ und „Hostel“ traten einen Zyklus von so genannten „Torture Porn“-Filmen los: die Folter der Opfer wird visuell bis ins kleinste Detail gezeigt.

„This is the dimension of imagination. It is an area which we call The Twilight Zone.”

Im Fernsehen kennt jedes Kind der Neunziger das „Treehouse of Horror“ von dem intertextuellen Wunder der Postmoderne: den „Simpsons“. Nachdem Marge die Zuschauer hinweist, doch bitte die Minderjährigen in Sicherheit zu bringen, werden episodenhaft Gruselklassiker in typischer Springfield-Manier verarbeitet. Aber wer kennt das Original? „The Twilight Zone“ zeigte von 1959 bis 1964 verstörende Kurzgeschichten. Paranormale, futuristische und dystopische Geschehnisse befallen die Protagonisten, meist verbunden mit einem Plottwist. 1985 lebte das Konzept in einem Revival kurz auf, 1995 in einer Neuauflage namens „The Outer Limits“. Zwar war beides noch ein bisschen trashiger, aber genauso sehenswert.

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