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Der Mensch braucht Leitbilder, damals wie heute. Er sucht sich „Helden“, zu denen er aufsehen kann, die er bewundert und die sein Denken und auch seine Entscheidungen fürs Leben prägen. Diese Leitbilder sind von Generation zu Generation immer andere, und sie prägen ihre Zeit maßgeblich. Die große Ausstellung zum Thema „Helden“ in der Henrichshütte in Hattingen ergründet das Phänomen der Heldenverehrung von der griechischen Antike bis in die Neuzeit sehr ausführlich (bsz 825). Doch jede Region hat auch ihre eigenen, ganz unverwechselbaren HeldInnen, so natürlich auch das Ruhrgebiet. Zu diesen lokalen Helden gibt es die gesonderte Ausstellung auf der Zeche Hannover.

Leitbild Kumpel

Diese Schau verbindet Ausstellungsraum und Ausstellungstücke zu einem Gesamtbild, das die Generationen der 50er, 60er und 70er Jahre des 20. Jahrhunderts und ihre durch Vorbilder zum Ausdruck gebrachten Bedürfnisse und Träume wieder lebendig werden lässt. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen Laienmaler und Hobbymusiker, die aus dem Kreis der Arbeiter ins Ruhrgebiet kamen. Sie waren die ersten, die dem Ruhrgebiet eine kulturelle Identität gegeben haben. Gemeinsam mit KulturpolitikerInnen aus dem Bergbau und den Gewerkschaften formten sie so eine einmalige Kulturlandschaft, die zeitgleich mit der Montanmitbestimmung in den 1950er und 60er Jahren auch eine kulturelle Mitbestimmung im Revier einführte. In dieser Zeit entstanden beispielsweise die Ruhrfestspiele in Recklinghausen, die als Aufführung dankbarer Schauspieler für die Bergleute begann, weil die Kumpels ihnen zu Kohle verhalfen, um auch an kalten Wintertagen ihr Theater heizen zu können. Laienmaler aus dem Bergbau stellten ihre Werke in ihren Betrieben und in den Begleitausstellungen der Ruhrfestspiele aus, die Ausstellung auf der Zeche Hannover spricht von „Kultur von unten“.

Barbara und Anton

Doch auch ganz traditionelle Helden finden einen Platz in der Ausstellung. So zum Beispiel die Schutzheilige Barbara, die zum Schutz gegen den vorzeitigen oder plötzlich eintretenden Tod angerufen wird. Bei diesem Einsatzgebiet ist es sehr verständlich, dass sie sich bei katholischen Bergleuten als sehr beliebt erwiesen hat. Ebenfalls sehr beliebt bei den Bergleuten war Kumpel Anton, der ab 1954 für 25 Jahre eine Kolumne in der WAZ veröffentlichte. Hinter der Kunstfigur stand Wilhelm Herbert Koch, der mit seinem proletarischen Antihelden wohl manchem Ruhrgebietler aus dem Herzen sprach und Kumpel Anton so zu einem Idol werden ließ.

Idole für die Jüngeren

 

Das Gegenteil zum bodenständigen, männlichen Antihelden Anton waren die Beatles. Sie wurden damals von der älteren Generation aufgrund der langen Haare, als weiblich und unmännlich gesehen. Sie machten Musik, die kein Bergleutechor dieser Zeit je nachsingen würde und waren so gar nicht wohnzimmergeeignet. Sie waren das genaue Gegenteil der Idole der Elterngeneration und taugten perfekt zur Heldenverehrung in den 1960er Jahren. Somit finden sich natürlich auch die Beatles in der Ausstellung über die Identitätsfindung des Ruhrgebietes. Die kleine, aber feine Ausstellung bietet einen Einblick in die Vergangenheit des Ruhrgebietes und die Herzen der Menschen, die aus dem Kohlenpott das Ruhrgebiet gemacht haben. Außerdem ist die Ausstellung ein Grund, sich die zur Route Industriekultur gehörige Zeche Hannover anzusehen.

Industriemuseum Zeche Hannover
Günnigfelder Straße 251, 44793 Bochum
0234 61 00 874
www.lwl-industriemuseum.de
Jeden Sonn- und Feiertag, 12 und 15 Uhr, kostenlose Führung durch die Zeche mit Schauvorführung der Dampffördermaschine.

Leitbilder im Revier nach 1945 noch bis zum 10. Oktober
Mi – Sa 14 – 18 Uhr, So 11 – 18 Uhr
Eintritt frei

 

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