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„Das ist doch gar kein Wort!“ - „Ist ja wohl!“ - Foto: knipseline pixelio.jpgDas Siegerwort des Jahres 2009 ist die fragwürdige Subvention für NeuwagenkäuferInnen namens „Abwrackprämie“. Auf den Plätzen folgen: die „kriegsähnlichen Zustände“, die Verteidungsminister Guttenberg in Afghanistan zu erkennen vermag; „Schweinegrippe“, die man auch inkognito als Neue Influenza und H1N1 kennt; das Auslagerungskonzept für toxische Wertpapiere namens „Bad Bank“; der gescheiterte „Weltklimagipfel“; die partypatriotische Überschrift „Deutschland ist Europameisterin“; die neueste Onlinetätigkeit „twittern“; eine bsz-Reihe namens „Studium Bolognese“; das „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“, das eigentlich Schuldenerhöhungsgesetz heißen müsste und die Bitte eines jeden Bankers „Haste mal ’ne Milliarde?“. So bietet sich eine illustre Mischung von Begriffen aus den Bereichen Politik, Krieg, Krankheit, Wirtschaft, Umwelt und Technik, die maßgebliche Themen für das Jahr 2009 gewesen sein sollen. „Zensursula“, „Unterhosenbomber“ und „Chuck Norris“ haben es leider nicht geschafft.

Das Unwort des Jahres ist „betriebsratsverseucht“, eine Bezeichnung, die einige AbteilungsleiterInnen wohl gerne mal den Herren und Damen aus der ArbeitnehmerInnenvertretung angedeihen lassen. Die Plätze zwei und drei belegen der von Bundeskanzlerin Merkel gebrauchte Ausdruck „Flüchtlingsbekämpfung“ sowie „intelligente Wirksysteme“ als Euphemismus von Rüstungskonzernen für spezielle Munitionsarten.

Und noch so viel mehr

Wörter toll finden hört nicht an der Landesgrenze auf. Allerdings scheinen die Bewertungsmaßstäbe hinter dem Grenzposten vollkommen andere zu sein. So hat in der Schweiz eine Jury aus Autoren und Persönlichkeiten der Medienbranche das „Minarettverbot“ zum Wort des Jahres 2009 gewählt. Die Forschungsstelle für Österreichisches Deutsch an der Karl-Franzens-Universität in Graz weitete den Spaß gleich auf vier Kategorien aus: Wort des Jahres („Audimaxismus“), Unwort des Jahres („Analogkäse“), Satz des Jahres („Reiche Eltern für alle!“) und Unsatz des Jahres („Wer alt genug ist zum Stehlen, ist auch alt genug zum Sterben“). Sogar Liechtenstein wähnt sich als gesonderte Preiskategorie: „Mobilfunksteinzeit“ ist dort Wort des Jahres, während „extreme Unterauslastung“ das Unwort darstellt. Was wäre wohl in Bochum Wort des Jahres – „Kulturhauptstadtdebakel“ oder wie sonst auch „Grönemeyer“?

Aber das geht doch besser

Die Fundstücke der Nationen sind allesamt doch von eher durchwachsener Qualität. Neben Eigennamen tauchen als Wort oft Wörter oder gar ganze Sätze auf. Statt über schöne, intelligente Wortneuschöpfungen nachzudenken, wird das geronnene Fett von oben abgekämmt, nämlich die Überschriften, derer man das Jahr über schon überdrüssig war. Dabei offenbart sich die kleinbürgerliche Einstellung einiger ProfessorInnen, die sich dazu auserkoren fühlen festzulegen, worüber dieses Jahr „im Volke“ gesprochen wurde. Es ist schon von vornerein zum Scheitern verurteilt, wenn diffuse öffentliche Räume zu Stammtischen festgezurrt werden, um eine angebliche Gemeinschaft herzustellen. Dies gilt gleichermaßen für Sprachvereine, JournalistInnen oder PolitikerInnen, die über „die Medien“ reden oder „die öffentliche Debatte der letzten Wochen“ bewerten. Das sind dann also die großen Reden unserer Zeit? Ganz schön öde.

 

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