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Keine Anwesenheitspflicht, trotzdem voll: besetzter Hörsaal in Münster - Foto: bildungsstreik-münster.de (by-nc-sa)            „Ich begrüße es, dass die Polizei unserem Wunsch entsprochen hat, möglichst schnell den rechtswidrigen Zustand im Audimax zu beenden“, schreibt die Münsteraner Rektorin in ihrer Stellungnahme zur Zwangsräumung. Das Rektorat, so wird ausdrücklich betont, habe sich jedoch stets gesprächsbereit gezeigt. Während sich also die Studierenden in Münster mit dem so gerne verliehenen Schwarzen Peter der Gesprächsverweigerung auf der Straße wiederfinden, wird anderswo hartnäckig der Aufstand geprobt: In München, Potsdam und Heidelberg gehen die Besetzungen weiter, in Österreich haben sie sich bereits zu einer echten Bewegung ausgeweitet. Auch in Münster wollen die Studierenden jedoch keineswegs aufgeben: Am Tag der Räumung fand eine Demonstration in der Stadt statt, und am Montag dieser Woche trafen sich die Aktiven, um eine erneute Besetzung zu planen. Aus Österreich kommen Solidaritätsbekundungen.

Politischer Bumerang

Es hat den Anschein, als werde das wirkungslose Verhallen des Bildungsstreiks in der Politik und der weitgehend desinteressierten Studierendenschaft nun zum politischen Bumerang: Die Unzufriedenheit mit dem Bologna-Prozess, dem gebührenpflichtigen Studium und der Undurchlässigkeit des Bildungssystems ist nicht verflogen – sie ist gewachsen. Wie in Österreich kommt auch die neue Protestierlust an deutschen Unis für Politiker_innen wie studentische Aktivist_innen überraschend. „Euphorisiert durch die unerwartete, spontane Protestbewegung will das hochschulpolitische Referat auf eine Vollversammlung am 19.11. an der RUB hinwirken“, heißt es im Plenumsprotokoll der Bochumer AG Bildungsstreik. Die angekündigte Fortsetzung des Bildungstreiks unter dem Label „heißer Herbst“ bekommt im Lichte der dezentralen Protestwelle eine ganz neue Dynamik – trotz oder eben gerade wegen des lauwarmen Sommers.

Unverhoffter „heißer Herbst“

Ab dem 17. November soll die zweite Runde mit Massenkundgebungen, Blockaden oder Besetzungen starten. Die Forderungen des Sommers werden bekräftigt: Freier, kostenloser Zugang zur Bildung an Schulen und Unis, selbstbestimmtes Leben und Lernen und die öffentliche Finanzierung des Bildungssystems ohne die Einflussnahme der Wirtschaft auf Studienstrukturen oder Lehrinhalte sind die zentralen Punkte. Auf mehreren regionalen Bildungsgipfeln sollen Alternativen zum gegenwärtigen Bildungssystem erarbeitet werden. Anlässlich der Kultusministerkonferenz am 10. Dezember in Bonn sollen die Proteste ihren Höhepunkt erreichen – in der Hoffnung, dass die Unzufriedenheit der Studierenden und Schüler_innen dieses Mal bei den Verantwortlichen für mehr politischen Bewegungswillen sorgt.

 

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