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Es ist noch gar nicht lange her, da fühlte man sich als Mitglied einer global vernetzten Gemeinschaft. Weltweit war man über Facebook vernetzt, lachte über die Zurückgebliebenen auf Myspace und sympathisierte heimlich mit der Piratenpartei. Heute kann man nicht einmal mehr E-Mails verschicken, und schuld daran sind diese Schnullibullis in den Marketingabteilungen der deutschen Wirtschaft. Nein, ich möchte das Attachement anhängen und nicht sieben Minuten warten, bis der aufwendige Trailer für Müller-Milch Himbeere hochgefahren ist. Noch verachtenswerter ist es, wenn vor dem Textfeld von Yahoo-Mail plötzlich ein Werbebanner von einem Touristikkonzern aufgeht, den man erst wegdrücken muss, bevor man schreiben darf. Verrutscht man mit der Maus, sieht man sich mit Flugangeboten nach Madeira konfrontiert und wollte vielleicht nur per Mail einen Aufschiebetermin für die Hausarbeit mit dem Professor aushandeln. Es ist zum Verzweifeln. 256 mb Arbeitsspeicher? – Vergiss es! Seitdem die Exekutive fast überall online mit dabei ist, gehen damit nicht einmal mehr die Fotos der Freunde in den Socialnetworks auf. Kurzum: Das Web 2.0 war ein Traum, nun ist er vorbei. Alles umsonst, jeder dabei und dazu immer die Klagen der Experten, dass man damit überhaupt kein Geld verdienen kann – es war einmal. Genauso wie der ewige Kampf zwischen Urheberrechten und Urheberlinken. In einem Märchen gewinnen immer die Guten, der Rest teilt sich die Welt und neuerdings sogar das Internet. Was habt ihr gedacht? Dachtet ihr, es reicht, jede Mail mit Emoticons zu versehen und weltweit vernetzt zu sein mit Menschen, die man gar nicht kennt, jedoch zu seinen Freunden zählt, weil sie so coole Fotos von sich hochgeladen haben? Dass das reicht für eine kulturelle Bewegung?! Fuckin’ hell!
In der kommunikativen Dekadenz, die wir uns in den letzten zehn Jahren geleistet haben, war der Niedergang bereits inbegriffen, mit der Etablierung von Twitter das Ende besiegelt. Während der Wahlunruhen im Iran noch als demokratisches Schwert gefeiert, verlor das Portal im deutschen Wahlkampf 2009 jegliche Legitimation. Sie hatten es wieder einmal übertrieben mit ihrer Indiskretion, Fehlinformation und Exzentrik. Die Idee der Kurzmitteilung ist tot; simst es in alle Welt hinaus. Und auch eine als fortschrittlich gefeierte Piratenpartei entpuppte sich als schnöde Ein-Punkt-Bewegung und konnte an ihre Anfangserfolge nicht anschließen. Klappt die Laptops zu. Trinkt Müller-Milch oder fliegt nach Madeira, hier gibt es nichts mehr zu holen, hier fängt man sich bloß Viren ein. Aus und vorbei. Nie wieder will ich euer Freund sein.

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