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Frau Schmitz-Emans, Sie gehörten dem Senat bereits im September 2006 an und haben die Einführung der Studiengebühren mitbeschlossen. Warum?
Im Endeffekt habe ich für die Studiengebühren gestimmt, weil uns die Mittel fehlten, um den Lehrbetrieb in angemessener Weise weiter fortführen zu können. Auch heute haben wir keine anderen Einnahmen, die unsere Arbeit absichern. Das ist das entscheidende Motiv dafür, weswegen ich hoffe, dass uns diese Einnahmen erhalten bleiben.

Spielten auch Faktoren eine Rolle, die unmittelbar die Belange Ihres Lehrstuhls betreffen?
Ja, klar. Ich vertrete hier ein so genanntes kleines Fach. Bei uns sind 500 Studenten eingeschrieben und wir sind mit Strukturstellen nicht gerade stark gesegnet. Es gibt zwei Professuren und zwei Mittelbaustellen. Das ist zu wenig, um einen vernünftigen Lehrbetrieb aufrecht zu erhalten.
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Wurde „sanfter Druck“ von Seiten der Hochschulleitung ausgeübt, im Falle einer Nichteinführung von Studiengebühren die finanzielle Ausstattung Ihres Lehrstuhls zu verschlechtern?
Nein, das war nicht der Fall.

Wie positionieren Sie sich jetzt in der Frage einer möglichen Gebührensenkung?
Ich könnte mir eine geringfügige Absenkung der Gebühren vorstellen. Das ist kein endgültiges Votum, weil ich die Diskussionen dazu auch gerne noch mitbekommen möchte. Aber ich kann es mir im Prinzip vorstellen; allerdings in einem Umfang, der es dann weiterhin möglich machen müsste, das Fach aufrecht zu erhalten. Ich bin im Zwiespalt, weil ich an sich kein Freund davon bin, Gebühren für das Studium zu erheben. Ich habe ja selber gebührenfrei studiert und hätte das gerne auch weiter so gesehen. Aber ich fühle mich hier auch meinem Fach verpflichtet: Das funktioniert mit einem angemessenen Lehrangebot erst, seitdem dieses Geld fließt und wir es für Lehre ausgeben können. Und woanders her haben wir es nie gekriegt.

Wie können Sie es mit Ihrem sozialen Gewissen vereinbaren, wenn Studierende aufgrund der Gebührenlast ihr Studium abbrechen müssen?
Nach den Informationen, die im Senat diskutiert worden sind, ist die Zahl derjenigen, die Auskunft gegeben haben, dass sie wegen der Gebühren ihr Studium abbrechen müssen, prozentual nicht besonders hoch. Und nach meinen Informationen müsste es möglich sein, über einen zinslosen Kredit sich das Studium vorfinanzieren zu lassen und es nachträglich zurückzuzahlen. Deswegen könnte ich mir vorstellen, dass das nur eine sehr geringe Zahl von Leuten betrifft, die, vielleicht aus der Angst heraus, sich einen zinslosen Kredit geben zu lassen, dann ihr Studium abbrechen. Denen würde ich raten, diesen Kredit in Anspruch zu nehmen. [Anm. der Red.: Es gibt keinen zinslosen Kredit. Die NRW-Bank erhebt derzeit 4,8 Prozent Zinsen. Sollte sich das nicht ändern, zahlen Studierende, die sich die Gebühren nicht direkt leisten können, für ein Bachelor/Master-Studium in der Regelstudienzeit insgesamt 7700 Euro statt 4800 Euro – also über die Hälfte mehr als reichere Studierende. Beim möglichen Maximalzins wären es sogar 9360 Euro – also fast das doppelte der ursprünglichen Studiengebühren. Der Rechnung liegt eine Rückzahlungsrate von 50 Euro/Monat zugrunde, die für AbsolventInnen in Frage kommt, die nicht direkt einen gut bezahlten Job finden.]

Fühlen Sie sich als Senatorin ausschließlich den ProfessorInnen verpflichtet, die als kleinste Statusgruppe bekanntlich die mit Abstand meisten Senatsmitglieder stellt, oder sehen Sie für sich auch eine Verantwortlichkeit für die rund 33.000 Studierenden als größter Statusgruppe auf dem Campus?
Ich sehe mich nicht als Repräsentantin einer Statusgruppe, sondern als Mitglied einer Gruppe, die über bestimmte Fragen diskutieren und auch Entscheidungen treffen muss. Man kann das auch anders sehen: Die Studierenden bleiben in der Regel nur wenige Jahre hier. Wir müssen den Rest unseres Lebens hier verbringen. Und deswegen müssen wir auch planen, wie es mit einem Fach, für das wir verantwortlich sind, weitergehen sollte. Aber ich sehe mich trotzdem nicht als jemand, der die Interessen der Professorenschaft wahrnimmt. Das Geld landet ja auch nicht auf meinem Konto, es landet auf dem Konto unserer neu eingestellten Lehrkräfte für besondere Aufgaben. Und die unterrichten nicht mich, die unterrichten meine Studenten.

Könnten Sie sich vorstellen, Ihre Meinung in der Gebührenfrage zu überdenken?
Im Grunde bin ich für jedes Argument offen. Allerdings ist für mich die Frage nach den Finanzmitteln wichtig, die den ordnungsgemäßen Verlauf der Lehre aufrecht erhält. Es gibt vielleicht kaum ein Fach, bei dem sich die Studiengebühren so dramatisch ausgewirkt haben wie bei uns – und zwar im positiven Sinn. Wir haben jetzt zwei Lehrbeauftragte für besondere Aufgaben. Wir werden eine dritte Stelle einrichten und wir werden in absehbarer Zeit einen massiven Anteil unseres Lehrangebots auf dieser Basis bestreiten.

Foto: Gerd Altmann, pixelio

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