Alles absagen!

Als sich Paul Aschenbrenner, Wirtschaftsdezernent der Stadt Bochum, mit der Aussage zitieren ließ: „Mit mir hätte es diese Loveparade nicht gegeben.“, ahnte man noch nichts von der Depression, die Bochum dieser Tage umfängt. Im Gegenteil: Aus dem Umfeld Aschenbrenners war bereits zuvor durchgesickert, dass „der Paul eh kein überzeugter Raver“ sei und dass es ja daher „auch ohne ihn ganz lustig“ werden könne. Nun haben sich allerdings die Zweifler um Aschenbrenner und Ottilie Scholz durchgesetzt: Keine Loveparade in Bochum. Und hinter verschlossenen Türen plant die Stadtverwaltung bereits weitere Angriffe auf das Amusement der BochumerInnen.

Ebenfalls von der Absage bedroht ist das diesjährige Bochum Total. Ähnlich wie bei der Loveparade befürchten Stadtverwaltung und Polizei ein nicht mehr tragbares Sicherheitsrisiko. Ein Bekannter von einem Freund seiner Schwester sei letztes Jahr in eine Scherbe getreten, berichtet ein nicht namentlich bekanntes Ratsmitglied betroffen. „Da wusste ich: So kann das nicht weitergehen. Bochum Total muss weg.“ Mindestens ebenso problematisch: Der Bochumer Bahnhof ist zu klein. Dieser noch bei der Entscheidung für die Loveparade in Bochum völlig unbeachtete Umstand wurde den EntscheidungsträgerInnen nun in einer hastig anberaumten Begehung deutlich vor Augen geführt. „Ach Gott, der ist ja wirklich winzig!“, soll Ottilie Scholz hierbei unbestätigten Quellen zufolge ausgerufen haben. Die Gefahr liegt auf der Hand: Im alljährlichen Gewusel, dass die Bochumer Innenstadt beherrscht, könnten die betrunkenen Feiernden den Bahnhof schlichtweg übersehen. „Ein unkalkulierbares Risiko“, heißt es aus Polizeikreisen.

Ebenfalls im Visier der Stadtverwaltung: die Bochumer Bachtage. „Absagen, bloß alles absagen!“, lautet auch hier die Devise. Bereits seit Jahren habe die Polizei bei den Bachtagen mit rivalisierenden barocken Chören zu kämpfen, die in stark alkoholisiertem Zustand um die richtige Interpretation der Bachschen Werke stritten. „Die Situation drohte mehrmals völlig aus den Fugen zu geraten“, scherzte ein offenbar musikinformierter Polizist gegenüber der bsz, bevor er den Ernst der Lage auf den Punkt brachte: „Die Bachtage sind ein unkalkulierbares Risiko“. Zudem sei der Bochumer Bahnhof ja ohnehin viel zu klein.

Im Kielwasser der neuesten Absagewelle werden in Stadtverwaltungskreisen sogar noch weitreichendere Maßnahmen diskutiert. Es kursieren bereits Gerüchte, laut denen das gesamte Jahr 2009 aus Sicherheitsgründen abgesagt werden soll. Das Risiko sei unkalkulierbar, ist einem internen Memo der Verwaltung zu entnehmen, und überhaupt: Der Bahnhof sei viel zu klein. „Mir war nie klar, wie klein der Bochumer Bahnhof wirklich ist“, äußerte ein resignierter Beamter gegenüber der bsz. „Ich habe fast den Eindruck, dass er jedes Jahr kleiner wird. Da bleibt uns eigentlich nur eins: Bochum absagen.“ Â

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