Die Psycho-Studie

In der letzten Ausgabe haben wir euch gezeigt, wie man das anstehende Schenkungsdilemma raffiniert lösen kann. Doch nicht JedeR verfügt über eine Affinität zum Mord. In dieser Ausgabe geht es darum, euch alternative Möglichkeiten für den Erwerb der notwendigen finanziellen Mittel vorzustellen – ob nun zur Finanzierung von Fachliteratur, Studiengebühren oder ersten Geschenkartikeln.

Schließlich sind Flyer verteilen, Bluten beim Plasma-Institut oder unterbezahlte Aushilfsjobs, ausgeübt von überqualifizierten StudentInnen, nicht die einzigen Möglichkeiten, den Sparstrumpf zu füllen und dabei gleichzeitig die Forschung zu unterstützen! Nicht als Tester dubioser, noch nicht zugelassener Medikamente, aber zum Beispiel als Versuchskaninchen an einer der zahlreichen RUB-Studien. Unsere ausgewählte Studie untersuchte, wie das Lernverhalten einer Person sich verändert, wenn dieseR StudentIn während des Lernprozesses verschiedenen Stress-Situationen ausgesetzt wird, sowie die Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Versuchspersonen.
Bevor es losging musste man/frau natürlich erst einmal das Auswahlverfahren mittels Fragebogen bestehen: Mäßiger Alkoholkonsum, Medikamente, Größe, Gewicht etc. Weibliche Teilnehmerinnen duften zudem keine Hormonpräparate (Pille) nehmen und lediglich zwischen dem 13. und 15. Zyklustag an der Studie überhaupt teilnehmen. Dann ging’s zum vereinbarten Termin ins Büro, Versuchsdauer ca. eine Stunde, Aufwandsentschädigung: Einblicke in das wissenschaftliche praktische Arbeiten plus 20 Euro, ein durchaus akzeptabler Stundenlohn.

Und das muss man/frau dafür tun:

Die TeilnehmerInnen wurden in Versuchs- und Kontrollgruppe unterteilt und bekamen daraufhin ihre Aufgaben. Zeitgleich musste eine erste Speichelprobe abgegeben werden, um den Ausgangsstressfaktor zu messen. Dann musste ein Fragebogen nach der allgemeinen Befindlichkeit ausgefüllt werden. Gut 20 Adjektive (ängstlich, stolz, neugierig, aufgeregt etc.) mussten den Kategorien (eher wenig, trifft zu, äußerst etc.) zugeordnet werden. Dabei waren die Stressfaktoren der Hauptversuchsgruppe wesentlich höher, denn diese sollten einen spontanen 20minütigen Vortrag vor mehreren RUB-MitarbeiterInnen halten, der von einer Videokamera aufgezeichnet wurde. Folglich waren viele Personen bereits bei Bekanntgabe der Aufgabe so gestresst, dass ihre weiteren Werte für die Studie nicht repräsentativ verwendet werden konnten. Insgesamt 80 Versuchspersonen werden benötigt, damit die Studie als repräsentativ gilt, also: Bewerben! Die Kontrollgruppe hingegen hielt nur einen fünf-minütigen Vortrag, allerdings ohne Kamera und Publikum. Und nächste Speichelprobe.
Jetzt ging’s durch die Psycho-Katakomben der Ruhr-Uni hinauf ins Labor. Dort hatte man/frau zwei Minuten Zeit, sich eine Liste mit 30 Begriffen einzuprägen. Dann kam die Liste weg, und in der Hoffnung, trotz der letzten durchzechten Nacht dennoch ein paar funktionstüchtige Hirnzellen zu besitzen, musste man alle Begriffe von Leidenschaft bis Terror, die man sich stolz gemerkt hatte, aufschreiben. Dann folgte eine weitere Speichelprobe und die eigentliche Konditionierungsaufgabe:15 Minuten lang galt es, ein weißes Objekt auf dem PC-Monitor zu fixieren. Dabei hörte man als Versuchsperson in unterschiedlichen Abständen einen Piepton über Kopfhörer, dem meist ein (nicht schädlicher) Luftzug auf das Auge folgte.

Und das wurde untersucht:

Der natürliche Schutzreflex bedingt, dass das Auge sich in einer Gefahren- bzw. Stress-Situation schließt. Dann jedoch merkt man, dass der Luftzug in keiner Weise schädlich ist, und das Auge gewöhnt sich an die Situation – zumal man bald ein Gefühl dafür entwickelte, wann dem Piepton ein Luftzug folge (nur zu 70%) und wann nicht. Das Auge wurde konditioniert und verband mit dem Signalton eine Gefahr: Den Luftzug. Dies ist vergleichbar mit den klassischen Kognitionstheorien, z.B. die Pawlow’schen Hunde. Dort ertönte eine Glocke, die Hunde verbanden dieses Geräusch mit Futter und produzierten mehr Speichel, sobald sie die Glocke hörten. Doch im Gegensatz zu Laborratten und Hunden kann der Mensch konditioniert, aber auch erneut entwöhnt werden, wenn nach dem Reiz die Folge schlichtweg ausbleibt. Dazu folgte gegen Ende des Versuchs der Luftzug dem Piepton immer seltener.
Und wieder eine Speichelprobe. Dann bat mich die Versuchsleiterin erneut, die vorher auswendig gelernten Begriffe aufzuschreiben. Na, ob ich die noch weiß? Doch was war das?! Mir fielen sogar mehr als beim ersten Mal ein! Dann galt es noch einmal, den anfangs ausgefüllten Stimmungsfragebogen zu beantworten, um zu sehen, wie sich die aktuelle Befindlichkeit während der Studie und der erledigten Aufgaben verändert hatte.

Vorläufige Erkenntnis:

Ist das wirklich was Neues? Frauen lernen unter Stress besser als Männer (mehr Wörter). Die Mehrheit der männlichen Teilnehmer bewältigte die Lernaufgabe nur sehr bedingt, da sie nach dem Stresstest am Monitor nicht in der Lage waren, die zuvor erlernten Begriffe nach Durchlaufen der Stress-Situation erneut zu nennen. Die Versuchsteilnehmerinnen hingegen hatten keine Probleme, die Begriffe erneut aufzuschreiben. Es bleibt also wie’s immer war: Frauen brauchen den berühmt-berüchtigten A***-Tritt: Sie können unter Stress am Effektivesten lernen, dennoch: Wirklich stressig war die ganze Sache nicht…

jbö

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