S(low) P(ainful) D(eath)

Die deutsche Sozialdemokratie steckt in einer tiefen Krise. Nachdem das Ergebnis bei der vergangenen Bundestagswahl noch überraschend gut ausfiel, lief nur noch wenig rund in der ehemaligen „Malocherpartei“. Das Kapitel Schröder endete mit einem wahnwitzigen wie selbstverliebten Auftritt am Wahlabend, der rückblickend die gesamte Ära treffend auf den Punkt brachte.

Seither hat die SPD viele Sympathien, WählerInnen und Parteimitglieder verloren. Schon mit Schröder drohte die Partei unter der Last der „Agenda 2010“-Reformen zu zerbrechen. Doch Dressman Schröder und sein williger Gehilfe Müntefering schafften es immer wieder, ernsthafte Auflösungserscheinungen zu stoppen – notfalls mit Druck und äußerst fragwürdigen Vorwürfen mangelnder Solidarität innerhalb der Partei. Schröder verbreitet seine heiße Luft nun allerdings in Russland, und auch der verbale Kammerjäger „Münte“ hat sich inzwischen von der politischen Bühne verabschiedet. Durch das Aufklaffen dieser Lücke wird nun immer deutlicher, wie sehr sich die Politik der SPD von der eigenen Basis entfernt hat. „Vorarbeiter“ Kurt Beck ist sichtlich bemüht, die unterschiedlichen Flügel und Lager in seiner Partei zu versöhnen und das Kartenhaus der SPD vor dem (sicheren) Einsturz zu bewahren. Doch ihm fehlt, was Schröder auszeichnete: Macht und Ausstrahlung. Wenn die SPD-Linke gegen den neoliberalen Kurs Schröders protestierte, gelang es diesem immer wieder, seine Karten als international geschätzter Spitzenpolitiker auszuspielen. Die Integrität der Partei wurde so Stück für Stück für eine schlichte Machterhaltung geopfert. Das Resultat? Zum ersten Mal in der Geschichte der Partei zählt die SPD heute weniger Mitglieder als die CDU und verliert damit den Rang als mitgliederstärkste Partei der Republik. Was auf den ersten Blick vielleicht halb so schlimm scheint, ist für die Partei ein ernsthaftes Imageproblem und spiegelt die Entwicklung der deutschen Sozialdemokratie wider. Das einst so fein gegliederte Netz aus Ortsverbänden mit eigenen Sport- und Freizeitvereinen ist zerrissen. Der Partei der „einfachen Leute“ laufen die Menschen davon.

Statt sich deshalb über jedes Mitglied zu freuen, will das Schiedsgericht die NRW-SPD nun auf Antrag des Unterbezirks in Bochum-Hamme den ehemaligen Ministerpräsidenten und „Superminister“ Wolfgang Clement vor die Tür setzen. Während des Wahlkampfs in Hessen kritisierte Clement, der inzwischen zu den Lobbyisten des RWE-Konzerns zählt, die ökologischen Vorstöße der dortigen SPD in der Energiepolitik und riet davon ab, bei der Wahl das Kreuz bei der SPD zu machen. Ein Schelm, wer da Zusammenhänge zu seinem Posten bei RWE vermutet, die maßgeblich von der Kohle- und Atomenergie profitieren. In Bochum und in weiteren Ortsvereinen unterstellte man dem Genossen Clement allerdings wirtschaftliches Kalkül und fehlende Solidarität. Da ist sie also wieder, diese Solidarität, die man unter Schröder so gern einforderte. Schröder und Müntefering wären sicher stolz, mit welcher Konsequenz ihr Erbe weitergetragen wird!

Doch wie geht es nun weiter? Gelingt der SPD eine Rückbesinnung auf soziale Werte oder gar eine schlüssige Neuausrichtung? Wie dem auch sei. Sicher ist nur eins: Totgesagte leiden länger!
jk

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