Listen buhlen um eure Gunst

Dieser Text ist wichtig! Es geht schließlich um euer Geld! Entscheidet euch mal dazu, uns entscheiden zu lassen! Rettet die Uni vor den Extremisten! Mögt Bäume! Die Aufmerksameren unter euch haben es vielleicht schon bemerkt, allen Anderen sei es hier noch einmal verkündet: Langsam aber sicher beginnt hier in Bochum wieder das auch als „Schande der RUB“ bekannte, alljährliche Spektakel, genannt Stupa-Wahlkampf.

So ihr jetzt denkt, das stimmt zwar, geht mich aber nichts an, habt ihr zumindest insofern recht, dass 90 Prozent von euch ja nicht wählen gehen. Dabei ist das gar nicht so schwer. Einfach während der Wahlwoche, 29. Januar bis zum 02. Februar 2007, mal für ein paar Minuten in die Caféte eures Hauptfachs gehen, Studiausweis vorlegen, Wahlzettel erhalten, Kandi ankreuzen, falten, abgeben, fertig. Nicht wählen ist natürlich im Vergleich noch ein wenig einfacher. Ihr müsst dann nur mit einem AStA leben, zumindest für ein Jahr, den nur andere Leute in dieses Amt gebracht haben. Nur gut, dass den meisten Leuten auch der AStA schnurzpieps ist.

Studis zu Stimmvieh

Schwieriger zu bewerten ist da schon die Frage, wie das denn mit den restlichen zehn Prozent aussieht, den zehn Prozent von euch, die sich von überzeugten FreundInnen, wortgewaltigen Flugblättern oder auch nur bunten Plakaten dazu hinreißen ließen, einer der antretenden Listen wirklich ihre Stimme zu geben. Das Dilemma dabei ist, dass der ebenso gutgemeinte wie oft wiederholte Vorschlag, sich über das Programm der antretenden Listen zu informieren und daraufhin eine Wahlentscheidung zu treffen, auf der ebenso naheligenden wie irrigen Annahme beruht, die Listen würden wirklich meinen, oder gar machen, was sie auf ihren Flugis alles so vollmundig versprechen.
Für Wahlversprechen gibt es grundsätzlich drei verschiedene Herangehensweisen. Die erste: „Wir versprechen gar nichts!” ist zwar ehrlich, oft wird ja erst nach Übernahme des AStAs oder auch nach dem ersten Gespräch mit Erwachsenen klar, was überhaupt möglich, durchsetzbar, finanzierbar ist, gerät aber immer mehr aus der Mode. Wählende Studierende wollen anscheinend etwas haben, woran sie glauben können, so im Sinne von „Wähle ich die, wird alles besser” (Wenig überraschend auch eins der beliebteren Wahlmotti). Das zweite Konzept „Wir versprechen, was wir schon erfüllt haben”, hat den unbestreitbaren Vorteil, realistische Aussagen zu machen und den praktischen Nachteil, dass dafür auch schon was passiert sein muss. Offensichtlich weniger geeignet für Nicht-AStA-tragende Listen, die in der Opposition praktisch nichts zu melden haben.
Das dritte, das beliebteste und verbreitetste Konzept ist dann auch das sattsam bekannte „Wir versprechen Alles” (inklusive Sachen, von denen nicht nur wir wissen, dass der AStA sie nicht zu entscheiden hat). Der Vorteil ist offensichtlich der, attraktive Angebote machen zu können, der Nachteil, ja, da wird es kompliziert. Im Grunde wäre der Nachteil, dass nichterfüllte Versprechen sich spätestens ein Jahr später rächen würden, bei der nächsten Wahl. In der Praxis spielt das allerdings keine Rolle, anscheinend weil sich nach einem Jahr kaum noch jemand daran erinnern kann, was denn so im Vorjahr versprochen wurde (ironischerweise auch bei den Listen selbst, die sich innerhalb eines Jahres auch personell stark verändern können).

Wähl mich und die Sonne scheint

Dieser Text will keineswegs alle, die wählen und sich wählen lassen, in die Pfanne hauen, auch wenn das im Moment so aussieht. Aber beide Gruppen müssen sich doch fragen lassen, wo denn die Grillplätze auf dem Campus sind, wo der Aktionsplan gegen Rechts, wo der Durchbruch in Sachen Studiengebühren wegen der persönlichen Kontakte zum Minister, wo der Rechenschaftsbericht nach hundert Tagen im Amt, wo die Gruppe das ganze Jahr über war, wieso wir einer Liste zutrauen sollen, die Verschwendung im AStA zu beenden, wenn sich diese Liste ihr Abstimmungsverhalten im Stupa mit bezahlten Stellen im AStA vergelten lässt. Dass sich diese Liste über Listen fast beliebig fortsetzen ließe, sollte ebenso klar sein, wie die Tatsache, dass sich manche, auch ehrliche und gutgemeinte, Versprechen einfach nicht halten lassen. Um das noch einmal zu wiederholen, dieser Text soll nicht die hunderte von Studis, die sich jedes Jahr die Mühe machen, sich in Listen zu organisieren oder diese Listen ins Amt zu wählen in die sprichwörtliche Pfanne hauen. Ihm geht es nur darum, mal öffentlich die Frage zu stellen, ob in diesem Zusammenhang denn wirklich soviel Lug und Betrug nötig ist, denn davon hab zumindest ich langsam (aber sicher) die Schnauze voll.

dek

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