„Hohe Lagerbestände in den USA lassen den Ölpreis von 116 auf 114 Dollar pro Barrel fallen“, hieß es just am Tag der Arbeit in den WDR-Radionachrichten. Temporäre Schwankungen wie diese können jedoch keineswegs darüber hinwegtäuschen, dass eine der wichtigsten Schlüsselressourcen der Weltwirtschaft zunehmender Verknappung unterworfen ist.

Ölpreis auf Rekordjagd:
Verzehnfachung in 10 Jahren

Bereits zu Jahresbeginn hatte der Ölpreisanstieg auf dem Weltmarkt erste Wogen geschlagen, als im Januar erstmals die Marke von 100 Dollar für ein Fass Öl überschritten worden war. Nach der kurzen Preisstabilisierung Anfang Mai (114 $) kletterte der Ölpreis bis zum 5. des Monats dann wieder sprunghaft und erreichte mit gut 120 Dollar pro Barrel (159 Liter) einen weiteren historischen Höchststand, um nicht einmal drei Wochen später auf über 135 Dollar anzuwachsen – insgesamt eine Preissteigerung von über 20 Prozent allein innerhalb von nicht einmal vier Wochen also. Damit aber nicht genug: Geht man vom Niedrigstpreis des Jahres 1998 aus, als ein Barrel für knapp 15 Dollar zu haben war (vgl. www.tecson.de/poelhist.htm), bedeutet dies fast eine Verzehnfachung des Preises innerhalb eines Jahrzehnts.
Angeblicher Grund laut WDR-Nachrichten ist derzeit „die instabile Lage im Irak und dem Iran“ sowie in Nigeria. Offensichtlich kann die sich insgesamt beschleunigende Ölpreis-entwicklung durch leichte Schwankungen der weltweiten Nachfrage aber nur noch zeitweilig gebremst werden. In den kommenden Jahren dürfte sich der Trend immer mehr als Einbahnstraße erweisen und das „Schwarze Gold“ langfristig kaum mehr erschwinglich sein, zumal selbst die Internationale Energieagentur (IEA) inzwischen vor einer „Förderkrise beim Rohöl“ warnt.

„The peak oil“ ist überschritten

„Das Szenario vom Ende der Erdölvorräte ist keine Horrorvision von pessimistischen Weltuntergangspropheten. Eine neue Studie offenbart beunruhigende Aussichten“, heißt es in einem aktuellen Focus-Beitrag. Gemeint sind einschlägige Studien wie der aktuelle Report der „Energy watch group“ (EWG) zur Verknappung der Ressource Öl; demnach befinden wir uns bereits 2008 im Zeitalter jenseits des als „peak oil“ bezeichneten „Gipfels“: Über die Hälfte aller zugänglichen Erdöllagerstätten wären somit bereits abgebaut – selbst wenn man Ölschiefer und Ölsand einrechnet. Bereits 2006 wurde demzufolge weltweit die maximale Fördermenge überschritten (in Norwegen und Großbritannien bereits im Jahr 2000). In den nächsten zwei Jahrzehnten werde die Förderung drastisch sinken – voraussichtlich um mindestens 20 Prozent. Die Investmentbank „Goldman Sachs Group Inc.“ prognostiziert daher einen jährlichen Preiszuwachs beim Öl um 30 bis 50 Prozent. Für spätestens 2010 wird ein Überschreiten der 200-Dollar-Marke pro Barrel vorausgesagt.
Auch mit einer forcierten Gewinnung von „Biokraftstoff“ aus Raps und anderen pflanzlichen Quellen wäre der globale Trend wohl nur zu verlangsamen, nicht aber umzukehren. Zudem würde die internationale energiepolitische Mangelwirtschaft dann auf dem Rücken jener Länder ausgetragen, die ihre vorrangig zur Versorgung der eigenen Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln benötigten Agrarflächen angesichts des explodierenden Ölpreises immer mehr den Profitinteressen multinationaler Großkonzerne opfern würden (vgl. bsz Nr. 743, S. 3).

Mögliche Wege aus der Krise

Das aus dem Ruder laufende Ölpreischaos zeigt, dass eine überwiegend privatwirtschaftliche Steuerung der Energiewirtschaft kaum geeignet ist, mit den noch vorhandenen Ressourcen verantwortungsvoll umzugehen. Krisenverschärfend wirkt zudem das Agieren global marktführender multinationaler Ölkonzerne wie Exxon (u. a. Esso) und British Petroleum (u. a. Aral), deren Lobbyisten in der Vergangenheit immer wieder maßgeblichen Einfluss auf die internationale Politik in ölreichen Krisenregionen wie dem Persischen Golf zu nehmen suchten. Eine naheliegende Handlungsoption, um künftige Kriege um die Ressource Öl zu verhindern und den Einfluss der hinter den weltpolitischen Kulissen agierenden Lobby der „Multis“ etwa auf die Außenpolitik der derzeit kriegführenden Staaten im Irak zu minimieren, wäre eine Vergemeinschaftung der Ölindustrie der Förderländer. Dass diese Möglichkeit durchaus nicht abwegig ist, bewies jüngst das Beispiel Venezuela: Durch eine sechzigprozentige staatliche Kontrolle über die Ölförderung ist die Ausbeutung der zur Neige gehenden Ressource dort nun nicht mehr allein dem Profithunger multinationaler Konzerne unterworfen.

Globales Energieregime tut Not

Ein solcher Schritt könnte in globalem Maßstab jedoch nur ein Anfang sein, um maßgeblich zur Lösung der weltweiten Energieprobleme beizutragen. Denn wie bereits die preistreibende Kartellpolitik der OPEC-Staaten während der ersten großen Ölkrise 1973 zeigte, ist ein gerechtes Ressourcenregime über die Restbestände der Ölvorräte sicherlich bis heute nicht im Interesse der allermeisten ölfördernden Länder. Ein verantwortungsvolles globales Energieregime durch eine – etwa unter Aufsicht der UN stehende – internationale Institution, deren Handeln sich außerhalb jeglicher Profitinteressen zu bewegen hätte, wäre daher wohl mittelfristig alternativlos, um eine Vervielfachung des Ölpreises in den nächsten Jahren zu verhindern.
Ein solcher Schritt wäre zur Krisenprävention aber nur dann geeignet, wenn zugleich endlich ein schnellstmögliches Umsteuern der Energiepolitik erfolgen würde: Nur durch internationale Programme, die zu energieeffizienterem Wirtschaften und dem verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien führen, könnte ein weiteres Anwachsen der globalen Ölnachfrage gestoppt werden. Auch hierbei täte eine international koordinierte staatliche Lenkung Not, um populistischen Absichtserklärungen wie dem Kyoto-Protokoll endlich eine tatsächliche Energiewende folgen zu lassen. Dies erscheint nicht nur mit Blick auf die drastischen Konsequenzen des Klimawandels, sondern auch zur Friedenssicherung am Ende der Ölzeit unabdingbar.

www.energywatchgroup.org
www.iea.org
www.focus.de/wissen/wissenschaft/klima/tid-10069/ewg-studie-wenn-das-erdoel-knapp-wird_aid_303328.html

USch

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