Existieren wir?

Das Fach Niederlandistik kann an der Ruhr-Uni Bochum bereits seit Jahren nicht mehr belegt werden. Dennoch bezeichnet sich ein harter Kern aus etwa fünf engagierten Studierenden hartnäckig als Fachschaftsrat Niederlandistik und beweist so, dass man für Fachschaftsarbeit nicht unbedingt ein Fach braucht.

Nach wie vor können an der RUB Sprachkurse und Veranstaltungen zur niederländischen Kulturgeschichte besucht werden, die nun allerdings über den Optionalbereich laufen. Die Studierenden aus diesen Kursen vertritt der Fachschaftsrat Niederlandistik. Von der Abschaffung des Faches vor etwa fünf Jahren zeigte man sich hier wenig beeindruckt. Praktisch gesehen existiert die Fachschaft daher bis heute. Die NiederlandistInnen haben eine wöchentliche Sitzung, bieten Sprechstunden an und organisieren mehrmals im Jahr Fahrten ins Land ihres Interesses. Lange störte sich niemand an den Aktivitäten der Restniederlandisten – bis mit der Einführung der Studiengebühren die finanzielle Seite der Fachschaftsarbeit an Bedeutung gewann. „Da fielen wir plötzlich auf“, vermutet Judith Schwitter, die Vorsitzende des Rates. Die Gebührenbefreiung wurde den fachlosen Gesellen für ihre Arbeit von offizieller Seite prompt verweigert.
Germanistischer
Expansionismus?
Für die FSVK und den AStA liegen die Dinge indes anders. Auch im Sommersemester 2007 erhielten die NiederlandistInnen Geld vom AStA, und die FSVK zweifelt ebenfalls nicht an ihrer Existenz. Trotzdem drohen dem tapferen Völkchen auch Repressionen von studentischer Seite, namentlich von der übermächtigen, „echten“ Fachschaft Germanistik. Mit den GermanistInnen teilt sich die Fachschaft einen Raum – allerdings nicht mehr lange. Die Deutschkundler wollen nämlich ihr Zimmer für sich alleine haben, und mit den NiederlandistInnen soll vor allem auch ihre Mediathek verschwinden. Diese Mediathek ist das Prunkstück der Fachschaft Niederlandistik: ein ganzes Regal voller Bücher, Lehrwerke, CD’s und anderer Medien mit Benelux-Bezug, das den Germanisten offenbar im Weg steht. Für die ist im Übrigen auch die Frage nach der Existenz der Niederlandistik einfach zu beantworten, wie ein Anruf in „ihrem“ Raum zeigte: „Die Fachschaft Niederlandistik gibt es nicht mehr“, lautete die unmissverständliche Antwort auf die Bitte nach einer Kontaktadresse. Das Verhältnis zur großen deutschen Schwester ist also mehr als gespannt – den NiederlandistInnen droht die Obdachlosigkeit.
Christliche
Nächstenliebe
Und wer verhilft einer kleinen, offiziell gar nicht existierenden Fachschaft zu einem neuen Raum an der Ruhr-Uni Bochum? Richtig: Niemand. Oder halt… fast niemand!
Die ersehnte Rettung aus der Raumnot kam schließlich doch, und zwar – wie passend – von Seiten der Fachschaft Evangelische Theologie, die den Verstoßenen Obdach in ihrem Raum anbot. Zuerst sollte diese Offerte nur für die Mediathek gelten. Inzwischen steht allerdings so gut wie fest, dass die Fachschaft Niederlandistik komplett bei den TheologInnen unterkommen und dort auch ihre Sitzungen und Sprechstunden abhalten wird. Die neue Adresse der Niederlandistik lautet somit GA 08/159. Interessierte werden ab demnächst dort Einblick in die Mediathek nehmen können. Den GermanistInnen könnte indes erst im Falle eines Auszugs ihrer Untermieter die ungemütlichen Auswirkungen ihrer mangelnden Gastfreundschaft bewusst werden: Der Niederlandistik gehört das Sofa!

haje

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