Dass Jonathan Davies seine Stimme als Chorknabe mit klassischen Arien schulte, sieht man nicht gerade. Man hört es aber am Sound seiner Band „Korn“. Die fiesen Freaks des US-Metal zogen 4000 Fans im ausverkauften Kölner Palladium mit einer elegischen Rock-Oper in ihren Bann.

Bei auffallend vielen der vorwiegend schwarz gekleideten jungen Menschen, die sich an diesem im Palladium versammelt hatten, prangte eine riesige Solidaritätserklärung zur konzertierenden Band auf dem Rücken: „Still a f…. freak“ (Immer noch ein verdammter Sonderling). Man merkte, schon bevor die Gitarren dröhnten und Drums zerschossen wurden, dass diese Fangemeinde vor allem eins wollte: Abgehen und schwitzen.
„Eine gute Voraussetzung für einen gelungenen Metal-Abend“ dürfte sich Jonathan Davies, der Mann mit den tausend Tätowierungen, gedacht haben. Mit ein wenig Starappeal-geschuldeter Verspätung stolzierte er um 22.15 Uhr im Schottenrock auf die Bühne und brachte mit dem straight nach vorn strotzenden Starter „Hushabye“ gleich sämtliche Headbanger in Wallung. Die Haare sollten in Bewegung bleiben, genau wie die meisten Körper. Im Laufe eines äußerst kurzweiligen Hardrock-Abends folgten schnell aufeinander die Reißer des neuen Albums „Untitled“, gepaart mit immerwährenden Klassikern wie „Freak on a Leash“ oder „Follow the leader“.
Davies und seine Mitstreiter begeisterten dabei vor allem mit viel Körperlichkeit. Wenn schon bei den Fans „Schwitzen“ ein Grundmotiv des Konzertbesuchs ist, auf der Bühne war es dies um so mehr. Wie das Batteriemännchen hüpfte der Frontmann auf und ab, nur unterbrochen von den kurzen Songpausen. Auch die Riff-Künstler James „Munky“ Shaffer und Brian „Head“ fuhren quietschende und ächzende Panzergitarren an die Soundfront – und wechselten dabei ständig den Standort, tauschten Seiten, Saiten und schließlich sogar ihre Instrumente.
Die Eskapaden der letzten Jahre – Frontmann Davies litt und andere an Alkohol- und Tablettensucht – scheinen jedenfalls hinter der Band zu liegen. Die Heroen des „NuMetal“ klangen wie zu ihren Hochzeiten und hüllten sich und ihre Hörer in eine nur vom fluoreszierenden Laserlicht ab und an illuminierte Finsternis. Ihr Ur-Thema in Texten und Videos – das vernachlässigte Mittelstandskind, allein gelassen mit seinen Ängsten – dürfte genau wie der Korn-Sound so schnell kaum an Aktualität verlieren.

bp

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