Ein verrauchtes Angebot
Festivitäten jeglicher Art gehören bekanntlich zu den beliebtesten Arten der abendlichen, studentischen Kurzweile.

Die zentrale Herausforderung für ambitionierte Gastgeber: Möglichst preisgünstig große Mengen von Kaltgetränken herbei zu schaffen, ergänzt durch ein delikates kaltes Buffet um den Auswirkungen des Alkoholes Vorschub zu leisten.
Für eine Menge Furore unter feierwilligen Bochumer Studierenden sorgt das Rundum-Sorglos-Party-Paket eines französischen Zigarettenherstellers.
Die Marketingaktion erscheint viel zu einfach und deswegen auch kontrovers: Der Großkonzern darf an diesem Abend Werbung in der Privatwohnung machen, sprich Zigaretten an die Gäste verteilen. Als Gegenleistung werden dreierlei gewünschte Biersorten, Wein und Softdrinks frei Haus geliefert, zusätzlich gibt es ein Snackbuffet und Süßigkeiten. Alles kostenlos. Die einzige Aufgabe des Gastgebers besteht darin mindestens fünfzig Personen einzuladen und die Wohnung zu stellen. Klingt zu schön um wahr zu sein, n’est ce pas? Es fragt sich der skeptische Student: Warum sollte die Tabakindustrie etwas tun, von dem sie keinerlei Gewinn erwartet?
Der Haken?
Bis vor wenigen Monaten tummelten sich die fleißigen Promoter im Bermudadreieck, um die Zahl der Nikotinsüchtigen zu erhöhen. Dort nervten sie Barbesitzer und Nichtraucher mit lustigen Spielchen (Drapiere vier Streichhölzer so, dass sich alle direkt berühren und gewinne eine Packung Zigaretten!). Doch das neue Jahr begann „nisch gut“ für die Zigarettenindustrie, denn das NiSchG (Nichtraucherschutzgesetz) trat in Kraft und sorgt für rauchfreie Kneipen. Neben dem Kino mussten neue Werbefelder erobert werden, eine Nische stellen Privathaushalte dar. Zum Image der französischen Fluppe soll das freidenkerische, intellektuelle, künstlerische Flair gehören, mit dem sich die studentische Zielgruppe oftmals besser identifizieren kann als mit Cowboys. Und was tun Studenten gerne? WG-Parties feiern. Womit kann man sie ködern? Mit Bier und Essen für lau.
Ziel: Werbung
Viele Studenten sind eben doch käuflich – und so entern die gesponserten „Voila“-Parties zahlreiche Wohngemeinschaften in ganz NRW. Für eine kostenlose Sause verkauft die ach so freidenkerische, intellektuelle Zielgruppe auch gerne mal ihre Seele an die Zigarettenindustrie. Die Reaktionen liegen zwischen Fassungslosigkeit, Begeisterung und Verachtung – die Mundpropaganda ist dem Konzern dabei allerdings sicher. Zigarettenmarke genannt, Werbung gemacht, Ziel erreicht. Nach Zweifeln und der Suche nach dem finanziellen Haken grinst selbst der linksorientierteste Student und fragt nach den Kontaktdaten der Marketingagentur. Ob das nun moralisch verwerflich ist, muss jeder Gastgeber selbst entscheiden.

Jkae

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