Protest. Am 1. November wurde der Welt-Kobanê-Tag gefeiert. Auch in Bochum gingen Menschen auf die Straße.

Vor vier Jahren wurde die nordsyrische Stadt Kobanê durch die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) gegen den IS verteidigt. Seitdem ist der 1. November als Welt-Kobanê-Tag bekannt, ein Tag des Andenkens an diesen Widerstand. Dieses Datum nahmen nun Unterstützer*innen der Kurd*innen in Nordsyrien auch in Bochum zum Anlass, um ihrer Verbundenheit mit den Menschen in Rojava Ausdruck zu verleihen. An der Demonstration, die um 15 Uhr am Bochumer Hauptbahnhof startete, beteiligten sich auch deutsche Parteien wie Die Linke, die auch mit einem Redebeitrag vertreten war, die Grünen oder die SPD sowie antifaschistische Gruppierungen als auch Hochschulgruppen, aber auch beispielsweise das Friedensplenum Bochum und Fridays for Future. Aus internen Kreisen hieß es, dass das Bündnis keinen politisch exklusiven Ansatz verfolge. Es ginge von Beginn an darum, Kräfte zu bündeln, sich politisch breit aufzustellen, große Teile der Zivilbevölkerung anzusprechen und mitzunehmen.

Nach Angaben der Veranstalter*innen sollen zeitweise bis zu 2.600 Personen gemeinsam durch Bochum gezogen sein, um lautstark auf die Zustände in Nordsyrien aufmerksam zu machen, denn neben der Erinnerung an die Schlacht von Kobanê stand der Einmarsch türkischer Truppen und ihrer dschihadistischen Verbündeten in Rojava im Mittelpunkt der Demonstration. Redner*innen wie auch Teilnehmer*innen der Demonstration kritisierten lautstark den türkischen Präsidenten Erdogan und sein militärisches Vorgehen. Es wurden Parolen gerufen, in denen Erdogan als Faschist bezeichnet wurde und auf einem mitgebrachten Transparent wurde er sogar mit Hitler verglichen. Daneben wurden natürlich auch die Leistungen der Kurd*innen gewürdigt, da die kurdischen Widerstandskämpfer*innen in Nord-Syrien nicht nur ihre besetzten Gebiete vor dem IS verteidigen, sondern auch auf allen gesellschaftlichen Ebenen einen basisdemokratisch-ökologischen Ansatz verfolgen, der von Geschlechtergerechtigkeit geprägt ist.
Neben dem türkischen Staat wurde von vielen Redner*innen auch starke Kritik am Vorgehen der deutschen Bundesregierung geübt. So habe sich Deutschland mit dem Flüchtlingsdeal mit der Türkei erpressbar gemacht. Durch deutsche Zahlungen an die Türkei sowie Waffenlieferungen hätte auch der deutsche Staat eine Mitschuld an den zahlreichen Toten, die durch den türkischen Einmarsch entstanden sind.
Das entstandene Bündnis möchte sich nach diesem Tag jedoch nicht auflösen. „Wir haben die Intentionen nachhaltige Strukturen zu schaffen“ so eine Mitorganisatorin.

Die vollständige Unterstützer*innenliste:

Antifaschistische Aktion 44, Antifaschistische Gruppe 5, Antifaschistische Linke Bochum, Antifa Bochum, Antifaschistische Aktion Witten, atelier automatique, Autonomes Frauenlesbenreferat der Ruhr-Universität Bochum, Bahnhof Langendreer Bochum Kulturzentrum, Bündnis gegen Rechts Bochum, Crème Critique, Compania Bataclan, DIDF Bochum, Die Linke Bochum, DIE LINKE. NRW, DGB-Hochschulgruppe Bochum, DKP Bochum, Ennepe-Ruhr stellt sich quer – der Kreis ist bunt, Fed-Med , DIE LINKE. im Rat der Stadt Bochum, Frauenkampftag Bochum 2019, Friedensplenum Bochum, Fridays for future Bochum, Grüne in Bochum, Grüne Jugend NRW, Gruppe Junger Antifaschist*innen, Gruppe 271, Heval Botan, Klimavernetzung Ruhr, Kulturfabrik Bochum, Kongra-Star, Mean Streets Antifa Dortmund, Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum, Migrantenfrauengruppe Bochum (GKB), Naturfreunde Jugend NRW, Offenes Antifa-Café Bochum, One World Dapp e.V. – Development Aid from People to People, Radio El Zapote, RiseUp Duisburg, Ronak, Ronahi e.V., see red! Linke Initiative Düsseldorf | (iL)| (iL), SPD Bochum, Seebrücke Bochum, Treffpunkt Asyl Bochum, Trotz Allem Witten, VVN-BdA Bochum, YXK/JXK

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sherin (24), Familiencoach: „Ich bin hier in Deutschland aufgewachsen, aber ich habe Familie in Syrien, die jetzt auf der Flucht ist.“        

 

:Philipp Kubu und Meike Vitzthum

 

Türkischer Einmarsch in Nordsyrien

Rojava. Am 9. Oktober marschierte die Türkei auch mit deutschen Waffen in Nordsyrien ein.

Nachdem US-Präsident Donald Trump Anfang Oktober den Abzug amerikanischer Truppen in Nordsyrien verkündete, marschierte die Türkei unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung in das Gebiet ein. Von vielen Kritiker*innenn wird die militärische Offensive als völkerrechtswidrig angesehen. Von türkischer Seite aus wird die Operation als Selbstverteidigung gegen eine terroristische Bedrohung bezeichnet und soll Raum für die Rückkehr syrischer Geflüchteter bieten. Von internationaler Seite wurde der Einmarsch jedoch scharf kritisiert, richtet er sich doch anstelle von Terrorbekämpfung vor allem gegen die demokratischen Strukturen in Nordsyrien und gegen das Erstarken eines autonomen kurdischen Gebiets an der türkischen Grenze. Unterstützt werden die türkischen Truppen durch syrische, islamistische Rebell*innen, die Berichten zufolge bereits zahlreiche Kriegsverbrechen im Laufe der Offensive begangen haben. Beispielsweise wurden Videos von Enthauptungen kurdischer Gefangener im Internet veröffentlicht. Durch türkische Bombardierungen konnten zudem bereits über 900 Mitglieder des IS aus kurdischer Gefangenschaft entkommen.

:Philipp Kubu