Nach der langen WM-Pause geht in Europa langsam wieder der Betrieb in den Fußball-Ligen los. Während unter hiesigen Fans lediglich Transfergerüchte oder Sticheleien von Vereinsbossen für Aufregung sorgen, hat die ukrainische Liga ganz andere Probleme: Seit die ukrainische Halbinsel Krim aus russischer Sicht zu Russland gehört, wollen nun auch die drei dort beheimateten Profi-Fußballvereine in der dortigen Liga spielen.

Von der ersten Liga der Ukraine in die dritte russische Liga: Klingt nach einer Verschlechterung, welche die drei auf der Krim beheimateten Fußballvereine Tawrija Simferopol, FC Sewastopol und Schemtschuschina Jalta allerdings freiwillig auf sich genommen haben: Nachdem die Bevölkerung der ukrainischen Halbinsel in einem umstrittenen Referendum erklärte, zu Russland gehören zu wollen, wurden die drei Vereine extra neu gegründet, damit sie nun offiziell von sich behaupten können, russische Vereine zu sein. Während die Lage auf der Krim am Wochenende erneut eskalierte, geht das Geschäft mit dem rollenden Ball seinen gewohnten Gang: Der russische Fußballverband RSF zögerte nicht lang und nahm die drei Klubs in die dritte russische Liga auf, auch im russischen Pokal kicken die Krim-Vereine nun mit.

FIFA-Paragraf sieht Sanktionen vor

Die UEFA weigert sich nun, die Ergebnisse aus den russischen Spielen der drei ukrainischen Klubs anzuerkennen. Ein eigens einberufener Dringlichkeitsausschuss des europäischen Fußballverbandes entschied, dass die Neugründung der Vereine mit dem einzigen Zweck, eine Spiellizenz in der russischen Liga zu erhalten, nicht rechtens ist.  Da die drei Vereine vor ihrem Antritt in Russland zudem keine Erlaubnis des ukrainischen Verbandes FFU eingeholt haben, sieht dieser nun einen Verstoß gegen den Paragraf 84 der FIFA-Statuten, der es Vereinen verbietet, in andere Ligen zu wechseln, ohne eine Erlaubnis ihres nationalen Fußballverbandes zu haben. Der Paragraf gibt zudem an, ein solches Vorgehen müsse mit Sanktionen geahndet werden, die in diesem Fall den russischen Verband treffen würden. Wie diese Sanktionen allerdings aussehen werden, ist noch unklar. Die UEFA äußerte zunächst lediglich etwas schwammig, man könne die Ergebnisse aus den Spielen der Krim-Klubs nicht werten, solange man sich nicht mit dem RSF und dem FFU auf eine Lösung geeinigt habe.

WM in Russland: Auch auf der Krim?

Beim RSF scheint man sich indes auf den Ernstfall einzustellen: Kurz nachdem der ukrainische Verband Beschwerde bei UEFA und FIFA gegen den RSF einlegte, veröffentlichte die russische Zeitung „Nowaja Gaseta“ Tonbandaufnahmen, die von einer Sitzung des RSF-Vorstandes stammen sollen. Aus diesen geht hervor, dass die Vorsitzenden des russischen Verbandes befürchten, man könne Russland die nächste Fußball-WM entziehen. Diese soll 2018 stattfinden. Obwohl bis dahin noch etwas Zeit ist, sorgt eine weitere Idee des RSF für Aufruhr: Bereits jetzt werden die Austragungsorte der WM-Spiele geplant – einige davon sollen ausgerechnet auf der Krim stattfinden.

Neue :bsz-Reihe: Geld schießt Tore, Tradition wirft Bengalos?

„Die machen den Fußball kaputt!“

…das warf man sich jüngst vor, als das DFL-Konzept „Sicheres Stadionerlebnis“ Ende letzten Jahres verabschiedet wurde und zahlreiche Proteste in den Stadien nachsichzog. Fans warfen den Liga-Verantwortlichen, Sponsoren und Polizei vor, mit übertriebenen Kontrollvorlagen die Fankultur zu ersticken. Im Gegenzug werden die Leute auf der Tribüne dafür kritisiert, für Krawalle zu sorgen: Platzstürme, Hasstiraden und fackelnde Bengalos im Block und auf dem Rasen – König Fußball erscheint als Symptom für gesellschaftliche Widersprüche. Deutschland ist Weltmeister, aber von Burgfrieden ist weit und breit nichts zu sehen; stattdessen wird die Fangemeinde hierzulande polarisiert: Mäzenate, Retortenvereine und die allgemeine Kommerzialisierung des Profifußßballs sorgen dafür. Auf der anderen Seite sehen wir einen alltäglichen Existenzklampf der Traditionsvereine: Legendäre Clubs wie Rot-Weiss Essen, MSV Duisburg oder Rot-Weiß Oberhausen (,um nur wenige zu nennen) stehen oder standen am Rande des Abgrunds. Aber was, wenn alles durchkommerzialisiert ist? Wenn ein Stadion dem anderen ähnelt? Fangesänge der eigenen Mannschaft nicht mehr von den gegnerischen Chören zu unterscheiden sind? Wir wollen fragen: was kommt? Was bleibt? Wie wird er aussehen, unser Fußball: Eine Eskatase nach Feierabend oder routinierter Arbeitssieg? Das Beben der Kurve oder die Dekadenz der VIP-Tribüne? Das Singen der eigenen Chöre oder stumpfinniger Werbeterror? Nostalgie oder Erneuerung? Wahrheit oder Kommerz?

Lest in Teil Zwei über die umstrittene Rolle von Red Bull im Fußball.