Der aktuelle Skandal um Gewalt durch Sicherheitspersonal in Geflüchtetenheimen zeigt, dass sich am inhuman Umgang der Politik mit Schutz suchenden Geflüchteten dringend erwas ändern muss.

Das Land und die Sprache sind fremd, die Erlebnisse der Flucht noch nicht verarbeitet und die Lage unsicher – Die Rede ist von Flüchtlingen. Über 100.000 suchten im letzten Jahr Schutz in Deutschland. Die durchschnittliche Wartezeit auf die Antragsbearbeitung beträgt über sieben Monate. So lange werden die Flüchtlinge meist in überfüllten Übergangswohnheimen untergebracht – wie dem an der Wohlfahrtstraße in Bochum-Wiemelhausen.
Denn sie wissen, was sie tun: Sie alle! PolitikerInnen, JournalistInnen, IdeologInnen. Nachdem durchgesickert ist, dass es in bisher drei Asylunterkünften in NRW zu Misshandlungen gekommen war, war der Aufschrei in Medien und Politik groß: Von einer „Beschädigung des Bildes NRWs“ oder einer „Schande für unser Land“ war die Rede. Streitpunkt war die Missachtung der Aufsicht, die Beauftragung privater, unseriöser Sicherheitskräfte, doch das geht an der eigentlichen Sache vorbei, die nahelegt, dass es zu einem Betriebsunfall gekommen sei.
Selten schafft es Walsum in die überregionalen Medien – doch seit Mitte August ist der 1974 eingemeindete nördlichste Duisburger Stadtbezirk kein weißer Fleck mehr auf der medialen Landkarte: Mit der Errichtung einer Zeltstadt für Asylsuchende auf dem stillgelegten Ascheplatz der Sportfreunde Walsum 09 hat es der Stadtteil inzwischen sogar in die Frankfurter Allgemeine Zeitung geschafft: „Überfordert mit der Hilfe“, titelte das Blatt vergangene Woche.
„Zelte für Flüchtlinge. Mit schmalen Pritschen und ein paar Stühlchen. Auf einem matschigen Ascheplatz. Nicht im Irak oder in Syrien. Sondern in Duisburg, Deutschland. Es ist einfach nur beschämend.“ So beginnt ein aktueller Kommentar zum Duisburger Flüchtlingsskandal – nicht etwa in der örtlichen studentischen Campuszeitung, sondern in der WAZ Essen. Die Stadt des Loveparade-Desasters hätte diesen Skandal verhindern müssen, folgert Kommentator Frank Preuß. „Um jeden Preis.“
Auf ein Gesuch der Brenscheder Schule nach freiwilligen HelferInnen, die sich als Unterrichtspaten für Flüchtlinge engagieren, meldeten sich 15 Studierende der Ruhr-Uni. Ein Runder Tisch, entstanden aus Eigeninitiative von Wiemelhausener BürgerInnen, plant weitere Aktionen um Flüchtlinge, die in Bochum an der Wohlfahrtstraße untergebracht sind, zu unterstützen.
Eingepfercht in Schlauchbooten, klapprigen Fischkuttern oder versteckt im Bauch gigantischer Frachtschiffe begeben sie sich auf ihre gefährliche Reise. Von der nordafrikanischen Küste aus über den Atlantik oder durchs Mittelmeer versuchen afrikanische Flüchtlinge die Festung Europa zu erreichen. Tausende verdursten oder ertrinken jährlich allein im Mittelmeer. Dabei starten sie voller Hoffnung auf ein besseres – oder zumindest irgendein – Leben. Angekommen auf europäischem Boden wartet das Asylverfahren. Monate andauernde Ungewissheit gefolgt von teils jahrzehntelangem Dahinvegetieren unter mancherorts kaum zumutbaren Bedingungen. Während sich die EU-Staaten Verantwortlichkeiten zuschieben, bleibt die Menschlichkeit auf der Strecke. Aktuell macht die Initiative „Lampedusa in Hamburg“ auf Missstände europäischer Asylpolitik aufmerksam.