Ursprüngliche Akkumulation, Fetischform der Ware, tendenzieller Fall der Profitrate – wer einen Blick in „Das Kapital“ von Karl Marx wirft, stößt schnell auf sperrige Formulierungen. Doch der Mix aus Klassischer Ökonomie und hegelscher Dialektik hat in den vergangenen Jahrzehnten etliche Intellektuelle und AktivistInnen maßgeblich beeinflusst. Im heutigen VWL-Studium spielt Marx’ politische Ökonomie aber praktisch keine Rolle mehr, wie Michael Roos, Lehrstuhlinhaber der Makroökonomik an der RUB, erklärt: „Es gibt nur sehr wenige Experten, die sich mit Marx beschäftigen und diese gelten im Fach als heterodox oder exotisch. Der überwiegenden Mehrheit der Volkswirte gilt Marx eher als politischer P h i l o s o p h denn als Ökonom.“ Volkswirtschaftliche Auseinandersetzungen fänden eher aus historischer Perspektive statt: „Sein Werk gilt allgemein als überholt. Allerdings beruht diese Einstellung vielfach auf  Unwissen und Vorurteilen, da sich kaum jemand damit beschäftigt hat.“ 

Großer Andrang bei DGB-Reihe 

Daran habe auch die Finanzkrise 2008 nur teilweise etwas geändert, so Roose: „Die kritischen Stimmen, auch innerhalb der VWL, werden zwar lauter, aber der Mainstream ist immer noch sehr stark.“ Anders sieht es bei den Gewerkschaften aus. So organisiert die DGB-Jugend Dortmund momentan eine sehr gut besuchte Reihe zur Aktualität von Marx’ „Kapital“. Im Gegensatz zur VWL gibt es eine aktuelle wie praktische Perspektive: „Uns hat bewogen, dass wir häufiger die Erfahrungen machen, dass jungen ArbeitnehmerInnen nicht bewusst ist, dass gewisse Dinge wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaub, Arbeitsschutz etc. nicht vom Himmel gefallen sind, sondern Produkte des Arbeitskampfes der ArbeiterInnenbewegung sind“, erklärt Marijke Garretsen vom DGB. „Insofern ist Marx und seine Analyse des Kapitalismus auch heute noch wichtig für die gewerkschaftliche Arbeit – vor allem was den politischen Bildungsauftrag angeht.“

:Benjamin Trilling