Bild: „Es ist eure Zukunft“: XR- Bochum möchte nicht moralischer Zeigefinger, sondern offener Appell an Selbstverantwortung sein., Eine Umweltbewegung für Alle? Extinction Rebellion Bochum / Eva-Maria Escosa-Jung

Umweltschutz. Die Ortsgruppe Bochum der internationalen Umweltbewegung „Extinction Rebellion (XR)“ möchte integrativ und sanft ein breites Bevölkerungsspektrum mobilisieren.

#Berlinblockieren hieß es in der vergangenen Woche, als Aktivist*innen der Klimabewegung Extinction Rebellion (XR), welche sich vor knapp einem Jahr gründete, die Straßen der Deutschen Hauptstadt besetzten. Wieder ein neuer Name im Newsfeed-Dschungel über die Klimakrise, Sanduhrensymbolik, rote Gewänder, avantgardistische Gesichtsbemalung. Die Kolumnist*innen hackten in die Tasten: eine Sekte? Linksextrem? Rechtsextrem? Nicht inklusiv genug? Zu viel Hipster? Die Ortsgruppe Bochum, die im Frühjahr gegründet worden und mittlerweile etwa 60 Mitglieder stark ist, definiert ihre XR als integrative, von Extremen befreite Bewegung, die zivilen Ungehorsam üben wolle, sich aber ausdrücklich von allen diskriminierenden und gewalttätigen Aktionen und Einstellungen abgrenzt.

„Mir ist es wichtig, dass wir nicht als Freaks rüberkommen, das finde ich verletzend“, sagt Eva-Maria Escosa-Jung, ein Mitglied der jungen Ortsgruppe. Sie bezieht sich auf Social Media Trolle, welche die Bewegung falsch verstünden, da sie in einer künstlerischen Performance von einem Bruchteil der Aktivist*innen eine esoterische Aktion sehen würden. Einen Teil des Rufes kaputt gemacht, habe auch der Mitbegründer der ursprünglich britischen Initiative Roger Hallam mit seiner Aussage gegenüber der ZEIT, auch jemand, der „ein bisschen rassistisch oder sexistisch denkt“, könne bei XR dabei sein. In Bochum wie in vielen anderen Ortsgruppen würden solche Personen aber ausgeschlossen werden, so Escosa-Jung. Auch wenn die Bochumer Politgruppe linkes Gedankengut, Werte der Freiheit und Toleranz teile , grenze sie sich auch in dem Fall von extremistischen Strukturen und gewalttätigen Protestaktionen ab. Generell möchte sie sich von parteipolitischen und ideologischen Zuschreibungen wie „antikapitalistisch“ entfernen, denn diese „schrecken ab“. Mit einer zielgruppenorientierten offenen Rhetorik glaubt XR-Bochum mehr Leute akquirieren zu können. „Wir wollen Fronten abbauen. Wir möchten die Oma von nebenan und den Schichtarbeiter Egon erreichen. Denjenigen, der in den Urlaub fliegt oder SUV fährt; die, die Kaviar isst“, so Escosa-Jung. Nach ihr ist das zentrale Problem der weltweite Egoismus.  

In erster Instanz will die Bewegung die Politik erreichen, die sie in der Verantwortung sieht und formuliert drei Grundziele: „Tell the truth“, das Eingestehen der existenziellen Krisenlage durch die Regierungen, „Act Now“, das Senken der Treibhausgas-Emissionen auf Netto-Null bis 2025 und „Beyond Politics“, der Austausch in Bürger*innenversammlungen mit Politik und Wissenschaft über das ganz konkrete weitere Vorgehen. Um diese Ziele zu erreichen, hat XR-Bochum bisher unter anderem angemeldete als auch „zivil ungehorsame“ illegale Sitzblockaden in Dortmund und Bochum veranstaltet und plant als nächstes das Gespräch mit dem Stadtrat zu suchen. Escosa-Jung problematisiert, dass sie die aktionistische Kraft unter Studierenden vermisse, die sie oft als „leer“ wahrnehme: „Wo seid Ihr? Ihr könntet so viel bewirken, weil Ihr so viele seid und politisch Druck ausüben. Das ist eure Zukunft.“. Wer der XR-Ortsgruppe beitreten oder einen Eindruck gewinnen möchte, kann dienstags um 18 Uhr beim Plenum im BioKu-Laden vorbeischauen. Am 12. November findet zudem der nächste „Talk“ über Realitäten und Handlungsoptionen in der Klimakrise im Subrosa in Dortmund statt.

       :Marlen Farina und Meike Vitzthum 

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