Bild: Spielt die gelangweilte Ehefrau eines reichen Börsenhais: Valeria Bruno Tedeschi. , Neu auf DVD: „Die süße Gier“ von Paolo Virzi Quelle: Movienet Film

Luxus und Leere: der italienische Erfolgsfilm „Die süße Gier“ nach den Roman „Human Capital“ ist ein Klassenkampf-Kaleidoskop als munterer Genre-Mix.

Wenn die Märkte einbrechen, haben kapitalismuskritische Filme Konjunktur. So wurde die Finanzkrise seit 2009 unterschiedlich aufgegriffen: als moralisches Börsendrama in „Wolf of Wall Street“, als düsteres Kammerspiel in „Margin Call“ oder im deutschen Kino als kühle Inszenierung der Frankfurter Banken-Kaste in „Unter Dir die Stadt“.

Paolo Virzis „Die süße Gier“ (im Original eigentlich „Il capitale umano, also „Das Humankapital“), der mit anderthalb Millionen KinozuschauerInnen ein großer Hit in Italien war, erinnert dagegen an die Streifen des französischen Bourgeoisie-Schrecks der Nouvelle Vague Claude Chabrol, in denen die Abgründe und Machenschaften der bürgerlichen Klasse zerlegt werden. Auch Virzi stellt die italienische Upper-Class nach Berlusconi als eleganten Mix aus Kapitalismuskritik und bissigen, fast satirischen Thriller-Elementen dar.

„Verzweifelter Sarkasmus“

So beginnt der Film auch wie ein klassischer Krimi: Mitten in der Nacht wird ein Radfahrer auf einer norditalienischen Landstraße überfahren. Die Vorgeschichte des tödlichen Unfalls und die Fahrerflucht des Unbekannten wird im Stile von Episoden-Dramen wie „L.A. Crash“ in drei Kapiteln aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt: Der Immobilienmakler Dino (Fabrizio Bentivoglio), eine alberne Kleinbürger-Karikatur, kauft sich in den Fond eines reichen Börsenmaklers ein und verzockt sich.

Wie sich dann in den folgenden Episoden eine Verkettung von Lügen und Abgründen um die Figuren legt, zeigt Virzi kühl und distanziert. Mit der Romanadaption von Stephen Amidons „Human Capital“ ist ihm eine gesellschaftskritische und satirische Abrechnung mit dem Finanzkapitalismus gelungen, ein bissiges Klassenkampf-Kaleidoskop der (italienischen) Gesellschaft. Oder wie Virzi selbst seinen filmischen Blick auf die sozialen Verhältnisse beschreibt: „Verzweifelter Sarkasmus“. Das hätte auch der Altmeister Claude Chabrol so unterschrieben.

:Benjamin Trilling

„Die süße Gier“ (Il Capitale Umano)

Seit 10. Juli auf DVD. Regie: Paolo Virzi.

0 comments

You must be logged in to post a comment.