Bild: Nicht nur schmutzig, sondern illegal: RUB knallhart stellt infrage, wie sicher unsere Daten auf den RUB-Servern sind., Wahlbeeinflussung und Datenmissbrauch durch Massenmail? Anzeigen und Wahlprüfung Foto: Foto succo, pixabay.com (CC0)

In dem einerseits inhaltlich engagierten, andererseits stark zwischen Koalitions- und Oppositionslisten polarisierten Wahlkampf kam es am Mittwochabend der Wahlwoche zu einem Eklat, als eine Massenmail mit dem anonymisierten Absender „RUB knallhart“ über 52.000 Studierende, Beschäftigte und Alumni der RUB erreichte. Da sich einige hochschulpolitisch aktive Studierende mehrerer Oppositionslisten durch die Massenmail diffamiert, beleidigt und in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt sehen, laufen inzwischen strafrechtliche Ermittlungen.

Zudem wurde die Einsetzung eines Wahlprüfungsausschusses angeregt, um angesichts des „wahlstörenden“ Vorgangs die Rechtmäßigkeit des Wahlergebnisses zu prüfen. Auch die Uni-Leitung erstattete nach §33 Datenschutzgesetz NW inzwischen Anzeige wegen des massenhaften Datenmissbrauchs. „Ein bestimmter Teilnehmerkreis ist bereits eingegrenzt worden“, sagt Eduard Degott, Justitiar der RUB.

Die Nachricht schlug ein wie eine virtuelle Bombe: Unter dem Pseudonym „RUB knallhart“ wurde am Mittwoch, den 10. Dezember, um 20:33 Uhr über einen Server in Seattle an 52.091 Angehörige sowie Alumni der Ruhr-Uni Bochum eine Massenmail verschickt. Unter dem Vorwand, zur aktuellen Wahl zum Studierendenparlament (StuPa) zu informieren, wurden namentlich einige KandidatInnen der aktuellen Oppositionslisten verunglimpft. Auch (ehemalige) SprecherInnen der FachschaftsvertreterInnenkonferenz (FSVK) wurden in der Mail genannt und erstatteten zwischenzeitlich Anzeige. Zudem soll sich der noch einzusetzende Wahlprüfungsausschuss zeitnah damit befassen, ob diese Art von Wahlstörung tatsächlich das StuPa-Wahlergebnis entscheidend beeinflusst haben kann.

„Schmäh-Mail“ als Outing-Reaktion?

Die Mail erreichte viele Studierende während der laufenden Wahl-Sondersendung des Campussenders CT – das Radio, die daraufhin in der dritten Sendestunde abgebrochen wurde. Die „Schmäh-Mail“ sei „offensichtlich eine Reaktion auf die Veröffentlichung eines Flugblattes, das den AStA kritisiert“, heißt es in einer aktuellen Meldung des Netzportals bo-alternativ.  Auf dem Flugblatt der Oppositionslisten LiLi, GHG, KLIB und B.I.E.R. wurden ein ehemaliger StuPa-Sprecher (NAWI) sowie ein Mitglied des letzten Studierendenparlaments (Gewi) abgebildet, die in einem Wahlkampf-Spot der Alternative für Deutschland zu sehen sind. Viele Studierende hatten sogar den Eindruck, die Mail käme aus den Reihen der AStA-tragenden Listen und wäre eine Reaktion auf den Oppositionsflyer. Der AStA dementierte dies umgehend auf seiner Homepage.

Massenhafter Datenmissbrauch

Am vergangenen Donnerstag war die versandte Massenmail dann Thema im RUB-Senat, wo Norbert Schwarz vom Dezernat 5.1 (Gebäudemanagement und Betrieb) ausführte, dass die Nachricht ein größtmögliches Spektrum Uni-Angehöriger von StudienanfängerInnen bis hin zu ProfessorInnen erreichte. Die Uni-Leitung sah sich technisch zwar nicht in der Lage, den Zugriff auf Mail-Adressen Uni-Angehöriger generell auszuschließen. Bereits am Donnerstagnachmittag wurde immerhin seitens des Blackboard-Administrators der RUB die Möglichkeit, eineN StudierendeN durch den/die KursleiterIn in einen Kurs einzuschreiben, entfernt; für Moodle folgte am Freitag ebenfalls eine solche Beschränkung der Zugriffsrechte.

War die Manipulation wahlentscheidend?

Eine signifikante Erhöhung der Wahlbeteiligung an der Urne im Gebäude NA beispielsweise, wo die Zahl der WählerInnen am Donnerstagvormittag im Vergleich zum Donnerstag der letzten Wahl um über 36 Prozent sprunghaft anstieg, deutet auf einen unmittelbaren Effekt der Massenmail hin. Der Wahlausschuss regt in einer aktuellen Stellungnahme an, zu klären, ob die Wahl hierdurch „so erheblich gestört worden sein könnte, dass die Rahmenbedingungen der Wahl diese in unzulässiger Weise beeinträchtigt haben“: „Diese Frage hat nach der Wahlordnung der Wahlprüfungsausschuss zu beantworten.“

Wir kommen, um uns zu beschweren

Trotz aller Versuche, inhaltliche und politisch-programmatische Akzente im Wahlkampf zu setzen, wurde die StuPa-Wahl von der potentiellen Manipulation durch die Massenmail überschattet. Insbesondere die Oppositionslisten sind empört: „Wir denken, dass uns die Mail von (dem/-r) bisher unidentifizierten/-r VerfasserIn(nen) geschadet hat“, sagt Madita Adolphs (KLIB). „Wir erwägen eine Wahlanfechtung und beantragen eine Wahlprüfung.“ Vorsichtiger geht die GHG an die Sache heran: „Wir sehen zwar keine große Chance, dass eine Wahlanfechtung Erfolg haben wird, begrüßen jedoch die Einrichtung eines Wahlprüfungsausschusses“, sagt Sebastian Pewny. Denise Welz (Liste B.I.E.R.) dagegen wird deutlicher und sagt zu dem Schmutzwahlkampf, dass ihre Gruppe das Ergebnis so nicht hinnimmt: „Wir werden Widerspruch einlegen.“

Auch Koalitionslisten distanzieren sich

Lisa Steinmann (Gewi) findet den Vorgang „bedauerlich und traurig“. Die Gewi würde zudem begrüßen, „wenn künftig an die Stelle vorurteilsbehafteter Anfeindungen eine konstruktive inhaltliche Auseinandersetzung träte“ und plädiert „für mehr Liebe – auch im Wahlkampf“. Moritz Fastabend (Jusos) findet es „sehr traurig, dass dieser Wahlkampf so schmutzig geführt wurde“. Er betont, „dass wir uns insbesondere von der versandten Massenmail distanzieren“, und lehnt zudem ab, „Einzelpersonen durch Flyer zu diffamieren“. Auch der amtierende AStA-Vorsitzende Martin Wilken (NAWI) ist entrüstet: „Ich verurteile die versandte Massenmail aufs Schärfste. Am Ergebnis der NAWI sieht man, wie ich denke, dass Wahlkampf ohne ‚schmutzige‘ Inhalte gegenüber anderen deutlich erfolgreicher ist.“

„Spinn-Emails“ strafrechtlich verfolgen

Auch die Linke Liste ist „irritiert“ von der „Art des Wahlkampfes“ – Rike Müller befürchtet zudem direkte Auswirkungen der „illegal verschickten Spam-Mail“ auf hochschulpolitisches Engagement: Durch diese „inakzeptable Anti-Oppositionsarbeit“ würden „sicherlich zahlreiche Studierende davon abgehalten, sich aktiv in die Hochschulpolitik einzubringen“. Diese Verunsicherung zeige sich auch in der gesamten Wahlbeteiligung. Ebenfalls enttäuscht über die Folgen des Vorgangs zeigt sich Linus Stieldorf von den Jungen Liberalen, der jedoch nicht glaubt, „dass diese Mails das Ergebnis beeinflusst haben“ könnten. Die JuLis hoffen auf besseren Datenschutz, sodass solche „Spinn-Emails“ nicht mehr vorkommen würden: „Des Weiteren sollte dies strafrechtlich verfolgt und geahndet werden.“

 

2 comments

  1. Herr Lampinski

    Statistik…
    „Eine signifikante Erhöhung der Wahlbeteiligung an der Urne im Gebäude NA beispielsweise, wo die Zahl der WählerInnen am Donnerstagvormittag im Vergleich zum Donnerstag der letzten Wahl um über 36 Prozent sprunghaft anstieg, deutet auf einen unmittelbaren Effekt der Massenmail hin.“

    Diese atemberaubenden 36% sind in absoluten Zahlen undglaubliche 21 Studierende. Wow. Schaut man sich die Wahlbeteiligungen der jeweiligen Urnen an (http://www.stupa-bochum.de/images/WahlStuPa48/WAHLBETEILIGUNG201415.pdf), wird man feststellen, dass dieser Wahlbeteiligungsanstieg ein Teil der ganz normalen Schwankungen in Laufe der Tage sein dürfte. Zumal Zeitgleich an der GC I Urne im selben Zeitraum vermeintlich beeindruckende 65% mehr Menschen wählen waren, wenn man mal eurer Argumentation folgt. und GC ist bekanntlich nicht gerade eine Hochburg der AStA-Listen.

    Der angeprangerte Datendiebstahl ist eine Straftat und eine Verfolgung von diesem ist vollkommen richtig. Auch der Inhalt der Mail und diese Art des „Wahlkampfs“ ist quatsch. Aber versucht doch bitte nicht, irgendwas daraus zu konstruieren, was nicht da ist. Und liebe Oppositionslisten: Seht doch einfach mal ein, dass man Anno 2014 augenscheinlich mit stumpfen Parolen und Verunglimpfung einzelner Personen offensichtlich kein Land gewinnen kann, was auch gut so ist. Nazis sind scheisse und die AfD riecht wie ein Fisch, der entschieden zu lange in der Sonne gelegen hat, aber versuchts doch abseits dessen auch mal mit Inhalt. Dann klappts vielleicht auch wieder mit den Wählern.

    Beste Grüße an alle Beteiligten.

  2. Zu Statistik
    Das Problem an der Argumentation ist, dass GCI und GCII aus ganz anderen Gründen in keinster Weise für einen Wählerbeteiligungsvergleich herhalten können. Wer von den betreffenden Fakultäten in welcher Urne, also I oder II wählen geht, wurde nämlich in den letzten 3 Jahren zu jeder Wahl verändert. Dieses Jahr z.B. haben in der I Urne Juristen und Sowis gewählt, bis letztes Jahr mussten die Studierenden immer in getrennten Urnen, also verteilt auf I und II abstimmen. Dein Argument, lieber Vorposter, greift also nicht.

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