Bild: Der zum Käfer gewordene Privatdetektiv Gregor Zamza – etwas albern? Sicher. Deshalb aber auch kafkaesk? Screenshot: fah, Ein ermittelnder Käfer ist noch lange nicht kafkaesk Screenshot: fah

Videospiel-Rezension. Am 6. April veröffentlichte Daedalic Entertainment das von Denis „mif2000“ Galanin entwickelte Spiel „The Franz Kafka Videogame“. Die :bsz hat es getestet.

Kafkas Prosa ist keine leichte Kost – oft verstörend und beklemmend. Kafkaesk: Das meint etwas, auf rätselhafte Weise bedrohliches oder unheimliches. Diese Stimmung als Spiel zu vermitteln – keine leichte Aufgabe.

Fröhliches Rätselraten

„The Franz Kafka Videogame“ ist ein klassisches mausgesteuertes Rätselspiel. Jeder Level besteht aus einem animierten Standbild mit wenigen interaktiven Elementen. Pro Level muss je ein Rätsel gelöst werden. Diese sind vielfältig: kleinere Physikpuzzle, Schatten- und Symbolrätsel und ungeliebte Schiebepuzzle. Gerade die ersten Rätsel sind dabei gut gelungen – die Lösungen sind verblüffend und logisch nachvollziehbar – dennoch nicht zu leicht. Im späteren Verlauf gibt es ein paar Füllerrätsel, wie das genannte Schiebespiel oder Rätsel, die über stumpfes Raten zu lösen sind. Kommt man beim Rätseln nicht weiter, gibt es bis zu zwei Hinweise. 

Zu Gast bei den Looney Toons?

Das Artwork ist ansprechend – bunte Farben und grobe Formen – ähnlich einem Kinderbuch. Nur ist Kafka nicht gerade Kinderliteratur: Der fröhlich anmutende Stil zusammen mit herumhüpfenden Objekten ist kaum bedrohlich, manchmal surreal, aber fern von kafkaesk. 

Die Handlung folgt lose dem Psychotherapeuten K., der für seine Verlobte Felice eine Reise nach Amerika unternimmt und allerlei erlebt. Dabei tauchen an verschiedenen Stellen Anspielungen zu Kafkas Geschichten auf. Ein Beispiel: „Gregor Zamza“ erwacht als Käfer, aber es spielte für den Privatdetektiv keine Rolle, heißt es zu Beginn eines Kapitels. Gregor Samsa als Privatdetektiv? Und die Verwandlung spielt keine Rolle?

Gerade wenn man das Spiel mit dem vorherigen Titel des Entwicklers „Hamlet or the Last Game without MMORPG Features, Shaders and Product Placement“ vergleicht, wird ersichtlich: die Motive und Figuren der Erzählungen Kafkas und Shakespeares stehen nicht im Vordergrund. Das bestätigt der Entwickler in einem Blogeintrag auf der Game-Dev-Seite Gamasutra. 

Impro-Development

Das eigentliche Hauptfeature sei die Tatsache, dass es vollständig improvisiert wurde. Die Handlung, die Rätsel und alle anderen Spielelemente seien während des Developments entwickelt worden. „Die einzige Sache, die ich am Anfang hatte, war die Idee, „ein Spiel  zu entwickeln, welches durch Franz Kafkas Geschichten inspiriert ist“. So erklärt es der Entwickler in seinem Blogeintrag zu Improvisational Game Design. 

Während das Spiel hinter den Erwartungen an ein Kafka-Spiel zurückbleibt, ermöglicht es einen neuen Einblick in den kreativen Prozess der Spielentwicklung. „Beim Improvisieren fühlst du dich als richtiger Schöpfer. Man schafft etwas Einzigartiges und genießt den Prozess, nicht wie ein Roboter, der Routinefunktionen gemäß eines vorbereiteten Plans durchführt. Das setzt Game-Devs auf eine Stufe mit DichterInnen und Jazz-MusikerInnen,“ so Galanin. 

Wenn man es nicht als traditionelles Spiel, sondern als spontan-kreatives Erzeugnis, in das man zwei Stunden wie bei einer Jazz-Session eintauchen kann, lässt sich „The Franz Kafka Videogame“ insgesamt durchaus empfehlen.

:Frederik Herdering

 

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