Bild: Lehre damals und heute. , Mehr als akademischer Massenbetrieb: In der Geschichte der RUB hielten auch wichtige und bekannte Persönlichkeiten Vorlesungen. Hier ist eine Auswahl. Icons: flaticon/freepic.com

Hall of Fame: Bekannte Gelehrte in 50 Jahren Ruhr-Uni

Von postmodernen Denkern bis Möchtegern-Erdoğan

Für den Literaturwissenschaftler Friedrich Kittler wäre der Vorwurf klar gewesen: Ob wir nun Radio hören, mit unseren Smartphones kommunizieren oder vorm Computer hocken – für den postmodernen Denker allesamt Fälle zivilen Missbrauchs von Heeresgerät. Der einflussreiche Medientheoretiker wies nicht nur auf die Verzahnung von Macht, Militär und technischem Fortschritt hin: Von 1987 bis 1993 trieb er als Professor für Neugermanistik unter anderem auch an der RUB den Geist der Geisteswissenschaften aus und fragte nach den medientechnischen Bedingungen von Literatur und Kultur.
 
 

Noch ein postmoderner Medienphilosoph: In der grauen, anonymen Betonwüste RUB befasste sich Vilem Flusser vor allem mit Kommunikation. Seine Ideen fasste er schließlich mit dem schwer kommunizierbaren Kunstwort „Kommunikologie“ zusammen. Kein Wunder, dass der als (Kultur-)Pessimist verrufene Philosoph den Untergang der Schriftkultur prophezeite …
 
Worüber in Hans ­Mommsens Elternhaus am Esstisch geredet wurde, war schnell ausgemacht, denn er kam aus einer reinen Historiker-Familie. Schon sein Urgroßvater erhielt 1902 den Literaturnobelpreis für das Standardwerk „Römische Geschichte“. Historiker waren schließlich auch sein Vater und seine beiden Brüder. Er selbst forschte vor allem über den Nationalsozialismus und mischte auch im Historikerstreit mit. 
 
 

Einen besseren Stand kann man als DozentIn wohl kaum bei den Studierenden haben: 1972 wurde an der RUB der Lehrstuhl Soziologie von Urs Jaeggi frei. Teile der Studierendenbewegung erkämpften, dass Leo Kofler, der zu diesem Zeitpunkt dort bereits im Fach Philosophie dozierte, sein Nachfolger wird. Schließlich lieferte der überzeugte Marxist zündende Ideen für die 68er. 1950 wegen politischer Auseinandersetzung aus der SED ausgetreten und in die BRD umgesiedelt, analysierte der Denker jüdischer Herkunft sowohl den Stalinismus im Osten als auch den Spätkapitalismus. 
 

Literaturwissenschaftliche Lehre und Karriere in der Kulturindustrie kann man wohl doch verbinden. Das hat zumindest der Publizist und Fernsehmoderator ­Roger Willemsen hingekriegt. Im Wintersemester 1995/96 übernahm er an der RUB eine Gastprofessur am Lehrstuhl für Literaturwissenschaft. Darüber sprach er schließlich auch in unterhaltsamen Fernsehformaten. Im Februar diesen Jahres verstarb der Autor zahlreicher Texte und Bücher an den Folgen seiner Krebs­erkrankung.
 
Seine Partei und sein Führungsstil sind Erdoğans AKP und seinem autoritären Staat in vieler Hinsicht nicht unähnlich: Gleich drei mal wurde Mesut Yilmaz mit seiner selbst gegründeten konservativen Mutterlandspartei (ANAP) Ministerpräsident in der Türkei, zuletzt 1997 nach dem sogenannten „sanften“ Putsch des Militärs. 2003 wurde der Politiker an der RUB-Fakultät für Sozialwissenschaft zum Gastprofessor ernannt, was heftige Proteste nach sich zog: In einem von studentischen Gremien und DozentInnen unterzeichneten offenen Brief wird Yilmaz’ Mitverantwortung für massive Menschenrechtsverletzungen gegenüber der kurdischen Bevölkerung angeprangert.
 
:Benjamin Trilling 

Welche Dozenten Euch aktuell an der RUB erwarten – falls Ihr das Richtige studiert

Von Parfüm bis Provinzliga

Spermien können Maiglöckchen riechen – derartig kuriose Meldungen gibt der Lehrstuhl von Professor Hanns Hatt häufiger heraus. Hatt ist nämlich Zellphysiologe und beschäftigt sich seit 1992 an der RUB mit der Erforschung von Düften. Zuvor absolvierte er ein Medizinstudium in München und ließ sich zum Arzt für Naturheilverfahren weiterbilden. Ihm ist es zu verdanken, dass die RUB über ein eigenes Parfüm verfügt. Ob „Knowledge“ wirklich hält, was sein Name verspricht, und nach Wissen riecht, ist allerdings umstritten. 
 
Führt eine Unterbringung von Geflüchteten in Deutschland zu mehr Kriminalität? Da diese Vermutung immer wieder als Basis für Fremdenfeindlichkeit genutzt wird, tritt Kriminologe Thomas Feltes seit Monaten unbestätigten Gerüchten mit wissenschaftlichen Fakten entgegen. Der studierte Erziehungs- und Rechtswissenschaftler, dessen akademische Laufbahn in Bielefeld begann, war Mitbegründer des Masterstudiengangs Kriminologie und Polizeiwissenschaft und gibt nebenbei den Newsletter der Polizei heraus.  
 
Wenn Ihr Euch im Kellerlabyrinth der RUB einfach nicht zurechtfindet, geht es Euch auch nicht anders als Norbert Lammert, der von 1969 bis 1972 Sozialökonomie und Politikwissenschaft an der RUB studierte. Heute ist der CDU-Politiker Präsident des Deutschen Bundestages – schaut aber weiterhin regelmäßig an der RUB vorbei: Seit 2008 ist er Honorarprofessor in der Sektion Politikwissenschaft. 
 
Bei Rot-Weiss Essen denken FußballnostalgikerInnen sofort an Spielerlegenden wie Helmut Rahn oder Ente Lippens – und dann an den sportlichen und finanziellen Niedergang, der den ehemaligen Meister bis in die vierte Liga führte. Seit 2010 leitet ­Michael Welling als Vorsitzender die Geschicke des Vereins, der in der Provinz bei Gegnern wie Lotte oder Wegberg-Beeck antritt. Der Wirtschaftswissenschaftler hat nicht nur in Bochum studiert, sondern auch zum Thema Markenökonomik promoviert und hat als Experte für Sportmarketing einen Lehrauftrag an der RUB inne. Nebenbei arbeitet er unermüdlich an dem Ziel, das er exklusiv in einem :bsz-Interview für seinen Verein formuliert hat: „Weltpokal­sieger 3026!“
 
 :Birthe Kolb
 
 

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