Bild: Sind wir bald alle GEMA-Opfer?, Piraten proben Aufstand gegen ausbeuterische Gebührenreform Illustration: magneticmusic.com

Die ursprünglich als ‚Künstleranwalt‘ gegründete Verwertungsgesellschaft von Musikrechten droht zum ‚Inkasso-Monster‘ zu mutieren: Drastische Erhöhungen der Gema-Gebühren könnten eine Vielzahl von Discos, Clubs und Kneipen ab April zum Aufgeben oder zumindest zu drastischen Programm-Einschränkungen zwingen. Eine aktuelle Piraten-Aktion gegen die ausufernde Gebührenwillkür stieß am Wochenende jedoch zumindest in Bochum auf ein eher verhaltenes Echo.

65.000 MusikerInnen, KomponistInnen, TexterInnen und MusikproduzentInnen haben ihr treuhänderisch die Rechte an der Verwertung ihrer Urheberrechte übertragen – der „Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte“, kurz Gema. Kaum ein Konzert geht somit ohne die Zahlung von Gema-Gebühren über die Bühne, und auch für die Musik in Discos, Kneipen sowie selbst in Jugend- und soziokulturellen Zentren muss regelmäßig bezahlt werden. Die Gema ist beinahe allgegenwärtig und sogar bei öffentlichen Veranstaltungen mit ausschließlich gema-freier Musik muss die Verwertungsgesellschaft informiert und von der Gebührenfreiheit der gespielten Musik überzeugt werden. Mit ihrer ursprünglich bereits zum Jahreswechsel und nun ab April 2013 geplanten massiven Gebührenerhöhung geht die Gema offensichtlich endgültig zu weit: „Vom Künstleranwalt zum Raubritter“, titelte die Süddeutsche nicht ohne Grund nach Bekanntwerden der Reformpläne Anfang Juli und stilisierte den eingetragenen Verein angesichts von Tariferhöhungen von bis zu 650 Prozent für „durchschnittliche Innenstadt-Clubs“ gar zum „Inkasso-Monster“. Zudem wird kritisiert, dass der Verteilungsschlüssel der Tantiemen von jährlich etwa 700 Millionen Euro (2011 waren es etwas mehr) wenig transparent sei.

Piraten-Kampagne gegen drohende Clubschließungen

Aktuell entwickelt sich die Gebührendebatte zu einem brisanten Politikum: Nachdem die Gema-Pläne seit Juli durch zahlreiche Demos und Protestaktionen u. a. in Berlin, Hamburg, München, Köln und Essen nicht gestoppt werden konnten, wurde eine gema-kritische Petition sowie ein Schiedsstellenverfahren beim Deutschen Patent- und Markenamt zur Prüfung der geplanten Gebührenerhöhung auf den Weg gebracht. Politischen Druck machen derzeit auch Die Piraten, die die Gema inzwischen gar als „Kulturkiller“ bezeichnen und ein „Aussterben der Veranstaltungskultur“ befürchten: „Die kommende Tarifreform der Gema trifft Diskotheken, Musikkneipen, Stadtfeste, Tanzschulen und traditionelle Feste ab April 2013 mit voller Härte“, heißt es auf den Netzseiten der Partei. Bereits im Vorfeld des Bochumer Bundesparteitags vom Wochenende wurde eine aktuelle poltische Kampagne gestartet, um das Schlimmste abzuwenden: Nachdem die Piraten Clubs, Diskotheken und Kneipen bereits für den 17. November aufgefordert hatten, an jenem Samstagabend zwischen 23 und 24 Uhr aus Protest gegen die geplanten Tariferhöhungen keine Musik zu spielen, sollten sich die BetreiberInnen am vergangenen Samstag zur gleichen Zeit auf gema-freie Musik beschränken.

Protestakzent im Riff

Zumindest in der Bochumer „Bermudahalle“ Riff wurden die Proteste wahrgenommen – denn „wenn die Reform kommt, können wir hier dicht machen“, fürchtet nicht nur einer der Einlasskontrolleure der Disco im Bermuda-Dreieck. „Wir unterstützen die Aktion und lehnen die Erhöhung der Gema-Gebühren komplett ab“, bekennt auch Schichtleiter Alexander Schippmann, der dafür sorgte, dass zumindest ein Video­leinwand-Schriftzug auf die Protestaktion des Abends aufmerksam machte. Mehr war – zumindest diesmal – nicht drin. Zwar hatten die NRW-Piraten für die Aktion einen eigenen Sampler erstellt, der verschiedene Musikstile beinhaltet. Bis zur Riff-Crew ist dies allerdings nicht durchgedrungen und so bezweifelt Alexander Schippmann, eine ganze Stunde mit gema-freier Musik füllen zu können: „Dann müsste ich ja die ganze Zeit Die Ärzte spielen“, setzt er lächelnd hinzu und spielt darauf an, dass diese eine der ganz wenigen angesagten Bands sind, die nicht bei der Gema gemeldet sind. Nicht rechtzeitig informiert von der anstehenden Aktion waren die DJs und DJanes der einschlägigen Bermuda-Kneipen Intershop und Freibeuter sowie die in Eigenregie betriebene Goldkante, die allesamt nicht genug gema-freie Musik parat hatten, um eine Stunde zu füllen. Auch angesichts einer solchen Ausdünnung frei verwendbarer Qualitätsmusik muss das Protestmotto im doppelten Sinne gelten: GEMA nach Hause!

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