Bild: Symbolbild, Ich bin aber linker als Du! cc0

Kommentar. Mit ihrem neuen Buch „Die Selbstgerechten“ spaltet die Spitzenpolitikerin ihre eigene Partei.

Die Partei Die Linke rund um den noch recht frischen Parteivorsitz aus Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow war in den letzten Monaten fast ausschließlich wegen interner Streitigkeiten in den Schlagzeilen zu finden. Bei der Bundestagswahl im September wird man, so viel steht fest, zum ersten Mal seit 2002 weniger Stimmen für sich verbuchen können als Die Grünen und muss sogar um die Überwindung der Fünf-Prozent-Hürde bangen. Doch wie kann eine Partei, die in erster Linie für soziale Gerechtigkeit, Antifaschismus und auch Klimaschutz einsteht, gerade bei den Menschen so erfolglos sein, denen ihre Politik eigentlich besonders helfen würde? Die Parteiprominenz und bis 2019 noch Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht glaubt eine Antwort darauf liefern zu können.
In ihrem Buch kritisiert sie die sogenannten „Lifestyle-Linken“, die sie vor allem in den Debatten um Identitätspolitik wittert. Durch zu stark gewichtete Thematiken wie gendergerechte Sprache verliere man die Arbeiterklasse aus den Augen und bediene lediglich den Gusto einer akademischen Mittelschicht. Wohl wahr ist, dass es der gesellschaftlichen Linken deutlich an ökonomischer Aufklärung fehlt, was auch in der Partei zu spüren ist und durch den Abgang des beliebten Finanzexperten Fabio de Masi auch keine akute Aussicht auf Besserung hat. Doch der nun von einigen erzürnten Partei-Genoss:innen gestellte Antrag auf den Ausschluss von Wagenknecht ist nicht nur albern, sondern auch kontraproduktiv. Er demonstriert die Uneinigkeit der Linken, die immer noch glauben, man müsse sich zwischen sozialer Gerechtigkeit und Identitätspolitik entscheiden. Währenddessen können sich die Grünen freuen, dass ihnen der:die ein oder andere ehemalige Linkswähler:in noch zulaufen wird, obwohl man mit einer sozial größtenteils desaströsen Politik geradewegs auf eine Koalition als Juniorpartner der CDU zusteuert. Wagenknecht wird höchstwahrscheinlich Teil der Linkspartei bleiben, die trotz der Zerwürfnisse ein beachtliches Programm zu Stande bringen konnte.

:Henry Klur

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