Bild: Die Rollen des Anstoßes: Roller Derby erfreut sich wachsender Beliebtheit., Roller-Derby überrollt das Ruhrgebiet Foto: as

Netzstrümpfe, Ringelsocken, Glitzer, Hot Pants – ja, das ist Roller Derby. Nur die wenigsten Medienberichte schaffen es daher, über diesen Sport zu berichten, ohne die Hintern der Spielerinnen zu erwähnen. Schnelligkeit, Geschicklichkeit, Sportklamotten, Taktik und Training, Training, Training – auch und vor allem das ist Roller Derby – eine der wenigen Vollkontaktsportarten für Frauen.

Aus der Anlage wummert Peaches: „Boys wanna be her … guys wanna be her.“ Wenn die Devil Dolls in der Eishalle Essen-West auf den „Track“ bitten, dann ist das immer auch ein Spektakel. Die Tattoo- und Piercing-Dichte ist allgemein eher hoch und auch mit den guten alten Directions im Haar wird man hier kaum auffallen. Die Spielerinnen präsentieren sich im „Bout-Heft“ mit martialischen Namen wie Bella Knockarella, D.I. Die, Hell’n’Hematoma oder Cupache. Alles nur Show? Wenn beim Spiel Jammerinnen wie Sweet Gwenrollin oder Sweeny Tox nur so an ihren Gegnerinnen vorbeiflitzen, ist schnell klar: Roller Derby ist ein Sport, der Können fordert und seinen Spielerinnen einiges abverlangt.

Do you speak Roller Derby?

Ein Spiel nennt sich „Bout“ und besteht aus zwei Halbzeiten mit je 30 Minuten. In dieser halben Stunden werden so viele „Jams“ wie möglich gefahren. Jams sind maximal zweiminütige Spielphasen, in denen Punkte gemacht werden können. An der Startlinie des Spielfeldes, dem „Track“, baut sich das „Pack“ auf. Es besteht aus je fünf Spielerinnen pro Team: Die Blockerinnen (je drei pro Team) und Pivots (eine pro Team) stehen vorne, hinter ihnen die beiden Jammerinnen. Letztere sind die Sprinterinnen im Spiel und man erkennt sie an dem Stern auf ihrem Helm. Ab der zweiten Überrundung erhalten die Jammerinnen für jede überholte Gegnerin einen Punkt. Die Blockerinnen versuchen die jeweilige gegnerische Jammerin aufzuhalten und der eignen Jammerin durch das „Pack“ zu helfen. Die Pivot spielt auch wie eine Blockerin und gibt die Geschwindigkeit des Packs vor. Gegnerinnen dürfen zum Beispiel durch Body-Checks zu Fall gebracht werden. Strenge Regeln verhindern jedoch allzu schlimme Verletzungen.

Vom Wanderzirkus zu den riot grrrls

Der Begriff „Roller Derby” tauchte in den USA in den 30ern auf und bezog sich auf Rollschuhrennen. In den späten 1930ern erfand Leo Seltzer das „Transcontinental Roller Derby“, zunächst nur ein simples Paarlaufen im Stil des Sechstagerennens. Schnell wurde klar, dass sich mit einem Mehr an physischem Kontakt auch ein Mehr an Publikum erzielen lässt. Aus dem Rennen um Geschwindigkeit wurde ein Rennen mit Hindernissen – denn es galt nicht nur, die anderen zu überholen, sondern auch den Zusammenstößen auszuweichen und schnell wieder auf die Beine zu kommen. Die Grundlagen für die heutige Sportart waren damit gelegt: Zwei Teams aus je fünf Skaterinnen, die Punkte machen, indem sie die gegnerischen Spielrinnen überholen. Seltzers Roller-Derby-Events mauserten sich schnell zu einem Publikumsmagneten. Wie in einer Art Wanderzirkus reiste die Truppe durchs Land und brachte ihren eigenen Star hervor: Marjorie Brasuhns, besser bekannt als „Toughie“. Ab den späten 1940er Jahren wurden die Spiele sogar im Fernsehen übertragen. Bis in die frühen 70er Jahre hielt sich die Begeisterung – dann verschwand der Sport in der Versenkung.

WFTDA?! WTF?

In den 80er Jahren gab es ein paar Versuche, den Sport wiederzubeleben; doch er wollte sich nicht so recht durchsetzen. Erst in den frühen 2000ern erlebte All-female Roller Derby sein Revival in Austin, Texas, mit den Texas Rollergirls. Die neuen Leagues waren beeinflusst von dem Do-it-yourself-Credo der riot grrrls: Kein Manager im Hintergrund, der damit sein Geld verdient, sondern eine Handvoll Amateurinnen, die etwas selbstorganisiert auf die Beine stellen. Die Women’s Flat Track Derby Association (WFTDA), der weltweit größte Roller Derby Verband, gründete sich 2004 und verzeichnet mittlerweile über 14.000 Rollergirls weltweit. 2006 wurde das erste deutsche Team gegründet: die Stuttgart Valley Rollergirls – ein Jahr später folgten ihnen die Berlin Bombshells. Und die Teams schießen seitdem wie Pilze aus dem Boden. Im Juni diesen Jahres fand in Stuttgart die erste offizielle Meisterschaft statt, aus der die Berlin Bombshells als Siegerinnen hervorgingen. Die Devil Dolls aus Essen holten den dritten Platz.

Selbst ausprobieren?

Bochum: Bone Braking Kittens
facebook.com/bonebreakinkittens

Essen: Ruhrpott RollerGirls
www.rprg.de

Münster: Zombie Rollergirlz
www.zombie-rollergirlz.de

Wuppertal: Red Lion Roller Derby e.V.
www.redlionrollerderby.com

Düsseldorf: Deadly Darlings
www.deadlydarlings.de
 

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