Auf ihrem Parteitag Anfang Dezember hat sich die Piratenpartei für die Einsetzung einer Arbeitsgruppe im Bundestag zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) ausgesprochen. Diese Enquete-Kommission soll zunächst nach einem geeigneten Modell zur Umsetzung suchen, dann soll die Bevölkerung entscheiden. Über die allgemeinen Forderungen, die allen VerfechterInnen zum BGE gemeinsam ist – Existenzsicherung, gesellschaftliche Teilhabe, ein individueller Rechtsanspruch auf ein Grundeinkommen, keine Bedürftigkeitsprüfung und ohne Zwang zur Arbeit oder anderen Gegenleistungen – kommen die PiratInnen allerdings nicht hinaus. Das „Netzwerk Grundeinkommen“, zählt aktuell elf, teilweise sehr unterschiedliche Modelle für die Umsetzbarkeit eines BGE. Das gezahlte Grundeinkommen müsste laut Berechnungen des Netzwerkes bei etwa 1000 Euro netto liegen. Für keines der Modelle spricht sich die Partei bislang aus.
Modelle und Argumente
Von verschiedenen Gruppierungen innerhalb der Parteien, über namhafte UnternehmerInnen und WirtschaftswissenschaftlerInnen bis hin zu Organisationen wie Attac oder dem Bund der deutschen katholischen Jugend – alle haben Modelle zum BGE oder zur Grundsicherung erarbeitet. Doch keines konnte bisher politisch überzeugen.
Zumindest nicht bei den regierenden Koalitionen, angefangen bei Rot-Grün, die Hartz IV zu verantworten haben. Grundsicherung bekommen nur Menschen, die als bedürftig gelten und hier gehen die Probleme und Diskussionen los: Wer ist bedürftig, wer hat Anspruch auf monetäre Transferleistungen? BefürworterInnen des bedingungslosen Grundeinkommens wollen diese Unterschiede gar nicht machen.
Selbst PolitikerInnen und GroßunternehmerInnen sollen von einem BGE nicht ausgeschlossen werden. Götz W. Werner, deutscher Unternehmer und Gründer der Initiative „Unternimm die Zukunft“, bemerkt in einer 2005 gehaltenen Rede: Zwei platte und gleichzeitig unzutreffende Bedenken seien die, dass das BGE Faulheit fördere und nicht zu finanzieren sei. Das sieht Werner anders: Das BGE soll gerade Leistung ermöglichen. Die Menschen würden dann genau das machen, was sie für richtig halten, sich etwa vermehrt ehrenamtlich engagieren, nicht arbeiten um des Geldes willen, sondern arbeiten, weil sie einen Sinn darin sehen. Finanziert werden soll das BGE aus Steuermitteln, wie einer Konsumsteuer. In einem BGE würden auch aktuelle Sozialleistungen, wie Wohngeld oder Bafög aufgehen. Der Staat müsste dann diese Zahlungen nicht mehr leisten.
Einstieg mit gruppenspezifischem Grundeinkommen
Ein Modell, das weniger Risiko berge, dass EmpfängerInnen eines BGE tatsächlich weniger motiviert sein könnten zu arbeiten und das trotzdem Armut bekämpft, ist ein gruppenspezifisches Grundeinkommen. Dieses würde etwa an BezieherInnen von ALGII, RentnerInnen oder WohngeldempfängerInnen ausgezahlt. Der Wirtschaftswissenschaftler Dr. Ingmar Kumpmann spricht sich zunächst für ein solches aus. In Verbindung mit einer schrittweisen Einführung eines BGE könne man, ohne das Steuersystem und die Organisation der „recht trägen“ sozialen Sicherungssysteme radikal neu zu gestalten, beobachten, welche Auswirkungen ein BGE haben würde. Bislang seien die ökonomischen Konsequenzen nicht vorhersehbar. Schritt eins wäre, die Abschaffung der Sanktionen gegen BezieherInnen von Hartz IV, Erhöhung des Regelsatzes und ein besserer Zugang zur Grundsicherung.
Und schon Marcuse wusste, dass sich eine totale Deckung des Bedarfs niemals einstellen wird, da sich der Mensch immer mehr Bedarf vorstellen kann, so geht er dafür arbeiten. Und für das „Reich der Freiheit“ nach Marx: Erst, wenn das Dasein frei von der Not der materiellen Produktion und Reproduktion sei, könne es frei werden zu seinen eigensten Möglichkeiten.
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