Ein Tapeziertisch reiht sich an den nächsten. Krempel in Kisten. „Wie viel soll das Buch denn kosten?“ „Zwei Euro?“ – „Еin Euro?“ „Оk.“ Für einen Euro wandern die grandiosen Tagebücher Sylvia Plaths in meinen Besitz. Das ist die beste Entschädigung dafür, dass ich an einem Samstag dem Ruf meines Weckers schon um sieben Uhr gefolgt bin. Was für mich an einem Samstag sonst zu früh wäre, ist für andere schon fast zu spät. Denn auch wenn dichte Nebelschwaden noch den Blick ins Ruhrtal verhängen und die U35 zu dieser Zeit wie ausgestorben ist, sind die meisten HändlerInnen schon seit zwei Stunden mit dem Aufbau ihrer Stände beschäftigt. Das frühe Aufstehen lohnt sich, denn dieser Flohmarkt gehört zu den wenigen, die sich ihr charakteristisches Flair noch erhalten konnten. Noch hat der Handel mit Neuware hier nicht Einzug gehalten. Deswegen treffen sich jeden Samstag in den frühen Morgenstunden zahlreiche Schatzsuchende auf dem Parkplatz der FH Bochum. Von der U35 Haltestelle Lennershof sind es noch zehn Minuten Fußweg zum Gelände vorbei an bunten Reihenhäusern und Carports. Nach zwei Stunden Stöbern habe ich alle Stände gesehen, drei knallharte Verkaufsgespräche geführt und fünf Bücher erworben, dessen Gewicht jetzt wie Blei in der Tasche an meiner Schulter hängt. Auch mein Magen knurrt.
Frühstücken bis 18 Uhr
Die U35 bringt mich in die Bochumer Innenstadt. Hier reiht sich Café an Café und es herrschen zum Teil luxuriöse Bedingungen. Denn nicht zuletzt, weil Bochum eine Universitätsstadt ist, kann man in den Lokalen oftmals bis 18 Uhr gemütlich Frühstücken. Ein Umstand, den es auszunutzen gilt. Während ich auf Kaffee und Brötchen warte, nutze ich das vielfältige Zeitungsangebot. Für die Kombi Zeitung und Frühstück sind besonders das Tucholsky und das Café Konkret zu empfehlen. Um Mahlzeit und Nachrichten zu verdauen, bietet sich ein ausgiebiger Spaziergang durch den Stadtpark an. Der liegt nicht weit vom Innenstadtkern entfernt und bietet weitläufige Wiesen, Wege und Wasser. Kaninchen hoppeln durch die Büsche, während ganze Schwanfamilien schnatternd nach Futter suchen. Aber genug der possierlichen Tiere.
Geschichten & Galette
Auf dem Rückweg in die City besuche ich den Ubu-Mann in seinem Antiquariat an der Universitätsstraße, das direkt hinter dem Bahnhof liegt. Wolfgang Jöst hat hier mehr als 100.000 Bücher zusammen getragen. Sie liegen in hohen Stapeln in den Gängen und stehen dicht gedrängt in Regalen und Kisten. Zudem weiß Jöst zu fast jedem Buch eine Geschichte zu erzählen. Abenteuer im Ubu-Antiquariat machen hungrig. Viele Restaurants und Lokale bieten einen günstigen Mittagstisch an. Für fünf Euro bekommt man beispielsweise im indischen Restaurant Taj Mahal bis 15 Uhr leckere Currys. Es liegt ein bisschen versteckt mitten im Bermuda-Dreieck. Besonders der traditionelle indische Milch-Tee und das leckere Brot sind hier zu empfehlen und für einen kleinen Aufpreis zu haben. Aber auch die Speisekarte des Mandragora hat einiges an kulinarischen Köstlichkeiten zu bieten. Vom klassischen Baguette bis hin zu Galette, den herzhaften Crepés-Variationen, lässt sich hier vorzüglich Schmausen. In vielen Cafés wie dem Tucholsky und dem Café Zacher gibt es zudem freie W-Lan Netze. So kann man nachmittags bei einem Kaffee ganz bequem seine E-Mails checken, arbeiten oder einfach nur surfen. Ganz nebenbei liegen hier auch meist regionale Kultur- und Terminmagazine aus, mithilfe dieser Hefte lässt sich das Abendprogramm planen. Vor allem die Auswahl an Theatern im Bochumer Kulturmeer ist üppig. Vorne segelt das Schauspielhaus als großes Flaggschiff. Aber auch kleinere Kähne und Barken schaukeln in der Strömung der Kreativmeere. Neben den Freibeutern vom Rottstr5-Theater sind auch Theater wie das Prinz-Regent, das Thealozzi, das Theater der Gezeiten oder das 99cent-Theater einen Besuch wert. Aber auch mit Galerien geizt Bochum nicht. So bietet die Chrom-Galerie im Ehrenfeld zeitgenössische Kunst. Zwei Ladenlokale weiter findet sich die Galerie The Spam. Auch im Viertel um die Rottstraße wird man fündig. Dennoch: Ein Tag ist eindeutig zu kurz, um Bochums Hot Spots auch nur annähernd zu entdecken.
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