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Eines der Kernstücke der Strategie ist der Kampf gegen unerlaubte Nutzung geschützter Werke. Rechtsverletzungen sollen „an der Wurzel“ angepackt werden. Gemeint sind damit in erster Linie die Service Provider, „die entweder selbst die Urheberrechte verletzen oder die systematisch und wissentlich die Piraterie anderer erleichtern, stützen und daran verdienen“. Wenn ein Internet-Anbieter die Filesharing-Aktivitäten seiner KundInnen also nicht aktiv unterbindet, beispielsweise durch Sperrung des Accounts, soll das Unternehmen dafür rechtlich belangt werden. Es soll eine Instanz gegen Service Provider geschaffen werden, die mit zivilrechtlichen Klagen gegen Urheberrechtsverletzungen vorgeht und auch die Strafverfolgungsbehörden bedient.

Auch die repressiven Maßnahmen gegen die NutzerInnen selber werden gestärkt: Die Europäische Beobachtungsstelle für Marken- und Produktpiraterie und das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) sollen zusammengelegt werden. Im Bereich der Bekämpfung von Piraterie soll die Beobachtungsstelle neue Kompetenzen bekommen. Echte Exekutivkompetenzen fehlen noch, aber das HABM rückt näher an den Status einer europäischen Urheberrechtspolizei, die PiratInnen verfolgt.

Repression statt Innovation

„Wie die USA mit dem Protect IP Act ist es das Ziel der EU-Behörden, technische Maßnahmen zu verwenden, um die Kommunikation und den Zugang der Nutzer einzuschränken, um obsolete Copyright-Vorstellungen umzusetzen. Ein solches Schema würde dazu führen, eine Zensur-Infrastruktur zu etablieren, wie es bereits in autoritären Staaten üblich ist“, erklärt Jérémie Zimmermann von der französischen Organisation La Quadrature du Net.

European Digital Rights (EDRI), ein Zusammenschluss von 28 europäischer Bürgerrechtsinitiativen, fordert die EU-Kommission dazu auf, ihre Strategie zur digitalen Rechteverwaltung grundlegend zu ändern. Die Organisation legt dazu einen eigenen Bericht vor, der empfiehlt, auf repressive Maßnahmen zu verzichten und mit höchster Priorität an gesamteuropäischen Lizensierungsmodellen zu arbeiten. So würde ein System, das die Wiederverwendbarkeit von Werken ermöglicht, der Gesellschaft wesentlich mehr nutzen als das tradierte Copyright. Innovative Lizensierungsmodelle wie Creative Commons, mit denen AutorInnen selbst bestimmen, in welchem Ausmaß ihre Werke weiterverwendet werden können, kommen allerdings in der Strategie der Kommission nicht vor.

Eine Personalangelegenheit der Kommission hatte kürzlich gezeigt, woher der Wind weht. So wurde Mitte April die ehemals hochrangige Mitarbeiterin des internationalen Musikindustrieverbandes International Federation of the Phonographic Industry (IFPI), Maria Martin-Prat, zur neuen Referatsleiterin der Urheberrechtsabteilung der Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen ernannt. Die IFPI hatte sich in der Vergangenheit unter anderem vehement für Internetsperren gegen Filesharer und für eine schnelle Umsetzung des Internationalen Antipiraterie-Abkommens Acta ausgesprochen. Das Abkommen sieht ähnlich wie das EU-Papier vor, Internet-Provider in die Pflicht zu nehmen, die Aktivitäten ihrer NutzerInnen so zu überwachen, dass sie bei Verstößen gegen das Urheberrecht gesperrt werden können. In ihrer neuen Position bei der EU-Kommission wird Maria Martin-Prat nicht nur für die Umsetzung der neuen EU-Strategie, sondern auch von Acta zuständig sein. Lästige demokratische Hindernisse zwischen Musikindustrie und Urheberrecht werden also zumindest auf europäischer Ebene immer weiter abgebaut.

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