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Die Dortmunder Prostituierte Dany hatte bereits die Demonstration gegen die Schließung des Straßenstrichs maßgeblich mitorganisiert. Sie wird jetzt vom Münsteraner Rechtsanwalt Wilhelm Achelpöhler in ihrem Rechtsstreit gegen die Bezirksregierung vertreten. „Die Dortmunder Politik instrumentalisiert Prostituierte für ihre eigenen politischen Belange“, meint Achelpöhler. „Gewöhnlich ein Vorwurf, der Zuhältern entgegengebracht wird“.
Der Straßenstrich in Dortmund galt lange als vorbildlich und wurde von allen Seiten gelobt. Es gibt Verrichtungsboxen, einen eigenen Parkplatz für die Freier, und eine Beratungsstelle für Prostituierte direkt in der Nähe. Doch aus Sicht der Dortmunder Ratsmehrheit aus CDU und SPD entwickelte sich die Ravensberger Straße – in der sich der Strich befindet – zu einem Anziehungspunkt für bulgarische Frauen, unter ihnen viele Roma. Die konservative Dortmunder Mehrheit begründete nun das angebliche Problem damit, dass Romafamilien nachzögen. Viele der Männer dürfen in Deutschland nicht legal arbeiten, deswegen würden sie sich in die Kriminalität zurückziehen. Dadurch würde – neben der angeblich ausufernden Prostitution – auch die Kriminalität stark ansteigen.

„Keine Nutten,

keine Zigeuner,

keine Kriminalität“

„Die schlichte Logik der Dortmunder Politik scheint ‚Keine Nutten, keine Zigeuner, keine Kriminalität‘ zu lauten“, kritisiert Achelpöhler scharf. Ein Sperrbezirk darf allein zum Zweck des Jugendschutzes und des Schutzes des öffentlichen Anstands eingerichtet werden. Unter anderem kann ein Grund zur Schließung sein, dass Kinder und Jugendliche die Prostituierten in ihrer Berufskleidung sehen würden. Natürlich ist diese Formulierung mehr als schwammig, aber trifft sie auf die Ravensberger Straße denn überhaupt zu, insbesondere da sie nicht in einem Wohngebiet liegt? Die große Frage ist, ob diese Begründung auch für die Abend- und Nachtstunden gelten kann. Wilhelm Achelpöhler fragt sich: „Ob es in Dortmund generelle Bekleidungsvorschriften geben soll, um die Berufsbekleidung von Prostituierten zu untersagen?“ Das würde wohl sogar den konservativsten Politiker_innen zu weit gehen. Denn dann müssten sie auch kurze Röcke verbieten, und Männer dürften nicht mehr mit freiem Oberkörper herumlaufen.

Rassismus und Sexismus

aus der Mitte

Der Dortmunder SPD-Sprecher Dirk Goosmann bringt seine antiziganistische Haltung klar auf den Punkt: „Wir wollen ein deutliches Signal nach Osteuropa senden, um den weiteren Zuzug von Bulgaren und Roma zu verhindern. Dazu müssen wir die Haupteinnahmequelle trockenlegen.“ Und auch seine Parteikollegin  Ratsfrau Marita Hetmeier verbindet diese rassistische Hetze mit blankem Sexismus. Sie organisierte ein Open-Air-Konzert gegen den Straßenstrich und verhöhnte die Prostituierten schon mit dessen Titel „Wir blasen ohne Gummi“. Mit diesen Ressentiments versuchen die Dortmunder Lokalpolitiker_innen gegen die arbeitenden Frauen Stimmung zu machen, die ihren Höhepunkt in der Vertreibung der Prostituierten aus Dortmund fand. Besonders heikel ist, dass Marita Hetmeier selbst Maklerin ist. Kritiker_innrn werfen ihr vor, von der Schließung des Straßenstrichs in der Ravensberger persönlich profitieren zu wollen. Durch die Vertreibung der Prostitution aus der Nordstadt könnten die Mieten und Kaufpreise steigen.
Derweil läuft die Beratung für Prostituierte im Café Kober (Kommunikations- und Beratungsstelle für Prostituierte) weiter. Bisher fand die Beratung in einem Container direkt in der Ravensberger Straße statt. Zusätzlich bot die Beratungsstelle Kober in einem Café im Hinterhof der Nordstadt 50 zweimal in der Woche ihre Unterstützung an. Nach der Schließung des Containers öffnet das Café seine Türen auch von montags bis donnerstags zwischen 18 und 20 Uhr, um Prostituierten eine Anlaufstelle zu bieten. Voraussichtlich wird dienstags auch ein Arzt eine Sprechstunde abhalten. Die Verrichtungsboxen wurden mittlerweile zersägt. Dany und ihre Kolleg_innen blicken in eine ungewisse Zukunft.

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