bsz: Wie bist Du ausgerechnet zum Karikaturenzeichnen gekommen?
Holtschulte: Gemalt und gezeichnet habe ich schon seit ich denken kann. Im Detail hat mir meine Mutter, die selbst Kunst studiert hat, sehr viele traditionelle Techniken beigebracht und mich von klein auf gefördert. Mit ungefähr 14 Jahren habe ich gemerkt, dass ich mich für Cartoons begeistere und mich dann selbst daran versucht. Mit 15 Jahren habe ich begonnen, Cartoons für ein Basketballmagazin zu zeichnen. Als dann die ersten Aufträge für eine Tageszeitung folgten, hab ich das weiter ausgebaut und ziemlich schnell gemerkt, dass ich am liebsten gar nichts anderes mehr machen wollte und damit auch Geld verdienen kann.
Wie wurde daraus eine professionelle Karriere?
Der Grundstein war mit den ersten bezahlten Veröffentlichungen in Tageszeitungen gelegt. Im Laufe der Zeit kamen immer mehr Zeitungen, Magazine, Aufträge für Postkarten, Buchillustrationen, Spiele und vieles mehr hinzu, so dass ich direkt nach dem Studium einen Full-Time-Job daraus machen konnte.
Was ist nun Deine offizielle Berufsbezeichnung? Karikaturist? Illustrator?
Das kommt in der Tat immer darauf an, was ich gerade mache. Allgemein kann man sicherlich Illustrator sagen, weil dieser Begriff ja aussagt, dass Bilder erschaffen werden für unterschiedlichste Verwendungszwecke. Das lässt sich dann je nach Betätigungsfeld weiter aufschlüsseln. Ganz einfach gesagt bin ich Cartoonist, wenn ich Cartoons zeichne und an meinen eigenen Büchern arbeite, Karikaturist, wenn ich aktuelle Themen für Tageszeitungen beackere und Illustrator, wenn ich im Auftrag Texte im weitesten Sinne oder Produkte bebildere.
Wie war es auf der Buchmesse in Leipzig?
Ich hatte dort sehr viele Signiertermine beim Lappan Verlag und im Comiczentrum, was sehr viel Spaß gemacht hat. Vor allem, weil man dort direkt Feedback von den Leuten bekommt. Mein Job kann ja durchaus ein einsamer sein, wenn man den ganzen Tag am heimischen Schreibtisch sitzt und zeichnet. Von daher ist der direkte Kontakt immer toll, da die Kommunikation sonst sehr einseitig verläuft. Gerade deswegen weiß ich zum Beispiel auch meine Facebook-Seite (http://www.facebook.com/totaberlustig) sehr zu schätzen, weil dort der Austausch noch direkter ist als über meine Webseite (www.totaberlustig.de), obwohl da inzwischen weit über 100.000 Besucher im Monat vorbeischauen.
Reicht es zum leben oder musst Du nebenher noch anderweitig arbeiten?
Es reicht sehr gut zum leben und ich hätte auch gar nicht die Zeit, etwas anderes zu machen, da ich glücklicherweise ausgebucht bin. Eine Situation, für die ich sehr dankbar bin.
Welche Aufträge sind Dir besonders in Erinnerung geblieben und warum?
Spontan fällt mir da das Spiel „Dia de los muertos“ ein, weil sich das sehr lange hingezogen hat, unendlich viele Zeichnungen zu machen waren und sich ständig etwas geändert hat. Als dann endlich die Kartons bei mir eintrafen, war das schon etwas ganz Besonderes, das fertige Produkt in den Händen zu halten. Das Gleiche gilt auch für das Buch „Wirtschaft macchiato“, ein Cartoon-Lehrbuch, das jetzt gerade im Februar erschienen ist. Dafür waren sehr viele Abstimmungen mit dem Autor, der Lektorin und dem Fachlektor nötig und unglaublich viele Cartoons zu zeichnen. Da war ich sehr erleichtert, als das Projekt in den Druck gegangen ist.
Welches Projekt macht besonders viel Spaß?
Mein nächstes eigenes Buch bei Lappan. Weil ich dabei komplett meine Sachen machen kann, ohne dass es Vorgaben gibt wie es bei Auftragsarbeiten der Fall ist.
Was zeichnest Du am liebsten?
Cartoons. Möglichst schwarzhumorig.
Wirst Du häufig von Freunden oder Bekannten gebeten, sie zu karikieren?
Das kommt hin und wieder vor, bleibt aber im Rahmen. Wenn ich Freunden damit einen Gefallen tun kann, mach ich das auch sehr gerne, aber im Allgemeinen wird es schon respektiert, dass das mein Job ist und ich nicht über unbegrenzte Ressourcen an Zeit verfüge.
Worüber kannst Du selbst lachen?
Über Cartoons eigentlich weniger, dafür beschäftige ich mich zu sehr mit der Thematik und gehe eher analytisch daran; beurteile also eher ob ein Gag funktioniert. Humor ist ein ernstes Geschäft. So richtig lachen kann ich bei ein paar Sitcoms oder diversen peinlichen Situationen, gerne auch über mich selbst.
Hast Du ein Vorbild?
Zeichnerisch ist das eine schwierige Frage. Ich habe Respekt vor dem Schaffen vieler meiner Kollegen und bin auch mit vielen Zeichnern befreundet, aber ein direktes Vorbild habe ich nicht. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich rundum glücklich und zufrieden mit meiner Situation bin. Menschlich eindeutig meine Eltern, denen ich alles verdanke, vor allem, dass ich so sorgenfrei meinen Weg finden konnte.
Zu welchem Thema würdest Du niemals eine Karikatur machen?
Das ist immer eine Frage des Stils und des Umgangs mit einem Thema. Tabus gibt es nicht, solange man nur geschmackvoll damit umgeht.
Hat es mit einer Karikatur schon mal richtig Ärger gegeben?
Das bekommen ja in dem Falle die zuständigen Redakteure ab. Aber die freuen sich meist, dass überhaupt mal Resonanz kommt. Meist ist die Hemmschwelle, sich zu beschweren komischerweise niedriger, als auch mal zu äußern, wenn etwas gefallen hat.
Zu Deinen Kunden gehören die Süddeutsche, die WAZ und viele andere Blätter. Für wen würdest Du gerne mal arbeiten?
Ja, auch Bild und Financial Times beispielsweise, von daher bin ich schon ganz gut dabei. So direkt habe ich auch keinen speziellen Wunsch. Aber da ich sehr musikbegeistert bin, könnte ich mir gut vorstellen, mehr in der Richtung zu arbeiten.
Kannst Du ein bisschen darüber verraten, was als nächstes kommen wird? Worauf dürfen wir uns freuen?
Eine Graphic Novel nach einem Buch von dem an der Ruhr-Uni ja nicht unbekannten Oliver Uschmann und das nächste eigene Buch nach iVolution bei Lappan. Da wird thematisch aber noch nix verraten.
0 comments