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Anstelle von 160.000 StipendiatInnen werden zum Start des Stipendenprogramms gerade einmal 1.000 Studierende ein Stipendium bekommen. Zum Sommersemester 2011 sollten etwa acht Prozent der Studierenden ein Stipendium in Höhe von 300 Euro erhalten. Stattdessen wird den Bafög-EmpfängerInnen ein zusätzlicher Leistungsanreiz gestrichen: Den besten 30 Prozent wird nun nicht mehr fünf Jahre nach dem Ende ihres Studiums ein Teil (durchschnittlich 1.500 Euro) der Schulden erlassen, die sie sonst zurückzahlen müssten.

Verantwortlich dafür ist das Bundesministerium für Bildung und Forschung und nicht zuletzt Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU). Die Vergabe der Stipendien erfolgt über die jeweilige Hochschule. Bei der Auswahl sollen neben guten Noten auch soziales Engagement oder „besondere familiäre Umstände“ wie ein Migrationshintergrund berücksichtigt werden. Dies ist jedoch lediglich eine Kann-Bestimmung.

fzs fordert Abschaffung

Moska Timar, Mitglied im Vorstand des freien Zusammenschlusses von StudentInnenschaften (fzs), stellt sich klar gegen das Deutschlandstipendium: „Wir lehnen das Deutschlandstipendium aus sozialpolitischen und ordnungspolitischen Gründen ab. Es bildet keinerlei Anreiz, ein Studium aufzunehmen und zementiert soziale Unterschiede. Außerdem unterliegt es einem intransparenten und von Hochschule zu Hochschule unterschiedlichen Auswahlverfahren und wird in nächster Zeit nicht mal ein Prozent aller Studierenden in der BRD abdecken. Darüber hinaus fördert es das Auseinanderdriften der bundesdeutschen Hochschullandschaft, da Studierende in strukturschwachen Landstrichen durch die Abhängigkeit von der Wirtschaft schlechtere Chancen auf ein Stipendium haben werden und die dortigen Hochschulen somit zusätzlich geschwächt werden.“ Der fsz fordert die Bundesbildungsministerin deswegen auf, das Programm zur Vermeidung größerer Schäden und zugunsten des Ausbaus einer verlässlichen staatlichen Studienfinanzierung einzustellen.

Wirtschaftsunternehmen haben ein Mitspracherecht bei der Vergabe der Stipendien. Die Studierenden kritisieren, dass von dem Begabtenstipendium vor allem Studierende aus bildungsnahen Elternhäusern profitierten, weil das Stipendium nur an BewerberInnen mit herausragenden Leistungen vergeben wird. Die Wirtschaft fördert eher jene Fächer, die von unmittelbarem Nutzen für sie sind. Das könnte nach Ansicht der Protestierenden eine ungerechte Verteilung der Stipendien zur Folge haben. Die Unternehmen können bestimmen, Studierende welcher Fächer von ihrem Geld gefördert werden sollen. So beteiligt sich die Telekom an 360 Stipendien, die ausschließlich an Studierende der Mathematik, Informatik und Technik vergeben werden sollen.

Auslese für die Wirtschaft

Der SPD-Bildungspolitiker Klaus Hagemann zeigte sich empört darüber, dass das Bildungsministerium die Leistungskomponente im Bafög streicht. Denn die Begabtenförderung, die über das Bafög geregelt wurde, muss nun einer Begabtenförderung weichen, bei der sich die Wirtschaft einmischen darf. Zudem gilt eine Finanzierung über wirtschaftliche Unternehmen hinsichtlich ihrer Beständigkeit als höchst unsicher. Das Prinzip, private Geldgeber verstärkt in die Finanzierung der Hochschulbildung einzubeziehen, um damit staatliche Leistungspflichten zurückzudrängen, wird damit mehr und mehr zum Verständnis von Hochschulpolitik. Vor allem das ist gemeint, wenn Schavan davon spricht, eine Stipendienkultur in Deutschland etablieren zu wollen, für die sie unter anderem die USA als Vorbild nennt.

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