Verzweiflung drohte, als sowohl in Sindelfingen als auch in Böblingen alle Postfilialen Betriebsversammlung hatten und sich die Auslieferung der aktuellen Ausgabe um einen Tag verspätete. Auch aufgrund der Interviews, in der nächsten Ausgabe mit Günter Wallraff statt des zuvor angefragten Norbert Blüm, ist Agora42 vor allem bei Studierenden mit Interesse an intellektuellen Debatten beliebt. Unlängst wurde Joachim Starbatty, ehemaliger Professor der Ruhr-Universität Bochum für Wirtschaftspolitik interviewt. Auch ältere Menschen finden Gefallen an der Themenauswahl und dem kritischen Ton des Magazins.
Attische Demokratie und Douglas Adams
Der Name Agora42 bedarf jedoch zunächst einer kurzen Erklärung. Das altgriechische Wort αγορα (man betone die dritte Silbe) bezeichnete in der griechischen Antike einen zentral gelegenen Versammlungs- oder auch Marktplatz. Hier hatten die freien griechischen Bürger die Möglichkeit, sich zusammenzufinden, um regen Austausch über politische, philosophische und juristische Themen zu betreiben. Die Zahl 42 stellt eine Anspielung auf Douglas Adams Kultbuch „Per Anhalter durch die Galaxis“ dar. Ein Super-Computer mit dem viel versprechenden Namen „Deep Thought“ spuckt auf die Frage aller Fragen nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest immer wieder die kryptische Antwort „42“ aus.
Ansprechend präsentierte Bleiwüste
Das vierköpfige Redaktionsteam hat ein feines Gespür für Themen: Es besteht aus Frank Augustin, Alicja Karkoszka, Wolfram Bernhardt und Nazim Cetin, der gleichzeitig der Herausgeber des Magazins ist. Gemeinsam wollen sie zeigen, wie viele Querverbindungen zwischen Ökonomie und Philosophie im Alltag bestehen. Die Grundannahmen, die auch Fachfremden einen Zugang zum jeweils aktuellen Themenfeld des Magazins ermöglichen sollen, werden vorweg im Einstiegsteil des Magazins erklärt. Mit ihrem Magazin wollen sie komplexe Sachverhalte nicht unnötig zugunsten von Schlagzeilenproduktion reduzieren, betont das Team, deswegen gibt es zur ansprechend präsentierten Bleiwüste ein lesefreundliches Layout.
Allein auf die Substanz ihres Konzepts vertrauend gründete das junge Quartett im vergangenen Jahr das Magazin Agora42. Trotz des viel gefürchteten „Magazinsterbens“ und der Wirtschaftskrise, beginnt das Team auf einem der größten und härtest umkämpften Zeitungsmärkte der Welt, über philosophische und makroökonomische Themen zu schreiben. Sie sind der Ansicht, die Welt sei komplex und werde nicht von RTL dargestellt, deswegen richtet sich das Team mit ihrem Magazin an alle, die die Welt verstehen wollen. Gefährlich finden sie es, dass die Frage danach, wie der Mensch der Ökonomie am meisten nutzen könne, so zentral geworden sei. Ökonomie werde vorschnell als Gegenthese oder gar Keule herausgeholt, um andere Theorien auszuhebeln und ihren Deutungsansprüchen das Wasser abzugraben. Wahnsinn? – Nein. Die Redaktion ist erfolgreich, und zwar in Deutschland, ein Land, in dem 90 Prozent der Haushalte kein Zeitungsabonnement besitzen.
Viertes Magazin für Wirtschaftsethik
Im Magazin finden sich nur wenige Werbeanzeigen. Vielen potentiellen Werbekunden seien die Inhalte von Agora42 zu kritisch, deswegen laute ihr Urteil meist: nicht werbetauglich, so die Redaktion. Neben Vorreitern wie dem Glocalist Magazine und der Zeitschrift für Wirtschafts- und Unternehmensethik (zfwu) ist Agora42 das vierte Magazin für Wirtschaftsethik, das auf dem deutschen Markt erhältlich ist. Gefördert, etwa durch Stiftungen, wird das Printmedium bisher nicht. Die Zeitschrift der DESA GmbH, erscheint bundesweit mit einer Auflage von 10.000 Stück. Wer ein Faible für die zeitlosen großen Fragen hat und sich ihre Alltagsrelevanz im Konkreten näher bringen lassen möchte, kann das Magazin, das im zweimonatigen Rhythmus erscheint, für 7,90 Euro erwerben. Für Studierende gibt es die Möglichkeit, ein ermäßigtes Abo zu bekommen.
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