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Die University of California in Berkeley (UCB) beweist derzeit, wie man campusweit Studierende zu einer potentiell kritischen Haltung anregen und eine flächendeckende Debatte zum Thema Gentests auslösen kann. Die Erstsemester bekommen in diesem Jahr zum Semesterstart ein steril verpacktes Wattestäbchen und das damit verbundene Angebot, das eigene Erbgut zwecks Gentests direkt an die Uni zu überstellen.

Ethik und Erbgut

Die Studierenden sollen sich einerseits mit dem möglichen Nutzen, aber auch mit den Risiken von Gentests und Erbgutanalysen auseinandersetzen. Ethische Debatten und philosophische Exkurse sind derweil ausdrücklich erwünscht. Das diesjährige Begrüßungsgeschenk sorgte weit über US-Grenzen hinaus bereits vor der Verteilung für heftige Debatten, Entrüstung und Kritik. Das beweist, dass der ortsansässige Genetikprofessor Jasper Rine mit der Idee zu dieser ungewöhnlichen Aktion genau ins Schwarze getroffen hat. Es ist ihm offensichtlich gelungen, zu einer breiten Diskussion rund um das Thema „Erbgutanalysen für jedermann“ anzuregen.

Diese provokante, aber auch kreative Art, die Studierenden zum Nachdenken anzuregen, hat bereits Tradition in Berkeley. Im Jahr davor verteilte die Uni „The Omnivore‘s Dilemma“ von Michael Pollan – ein Sachbuch, das sich mit Ernährungsfragen auseinandersetzt. Man darf auf die Idee für das nächste Jahr gespannt sein.

Kritisches Potential

Zugegeben, die Entrüstung der Erstsemester hielt sich an der Ruhr-Universität bislang eher in Grenzen, wenn sie den Bo-Timer entgegennahmen. Aber was hätte man an der hiesigen Uni wohl zu erwarten, wenn statt der Verteilung unschuldiger Kalender unter den Erstis künftig etwa eine Teilnahme an Menschenversuchen verlost würde, um eine Diskussion der ethischen Vertretbarkeit von Tierversuchen anzuregen. Es gibt unzählige Themen, die eine besondere gesellschaftliche Relevanz besitzen, campusweit diskussionswürdig sind und Studierende aller Fakultäten betreffen. Kritisches Denken ist seit jeher ein Motor für gesellschaftliche Dynamik – und wer wäre besser dafür geeignet als die Wissen-Schaffenden von morgen?

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