„Firmenkontaktmesse“ heißt jene Veranstaltung, die Jahr für Jahr von der Initiative Bonding im Audimax der Ruhr-Universität organisiert wird. Und doch tritt dort ein Arbeitgeber auf, der eher mit dem Tod von über 100 Menschen bei einem Angriff auf Tanklaster in Afghanistan in Verbindung gebracht wird als mit dem Verkauf von Waren oder Dienstleistungen. Im regulären Lehrbetrieb sind die Rekrutierungsversuche des Militärs ebenso vertreten: Beinahe ungestört hielt am Montag vor Pfingsten ein Bundeswehr-Hauptmann in einem vollbesetzten Hörsaalraum im Gebäude NA einen Vortrag über die Vorzüge diverser wehrtechnischer Berufe für angehende Geographinnen und Geographen.
Benjamin Mörtl, Offizier im Geoinformationsdienst der Bundeswehr, berichtete bei der Veranstaltung „Berufsfeld Geographie“ über zivile wie militärische Aufgabenbereiche beim Militär. Digitale Karten herstellen, Satelliten- und Luftbilder auswerten – die Bundeswehr ist auf das Know How des geographischen Nachwuchses angewiesen, gerade jetzt, wo der Umbau der Bundeswehr zur globalen Interventionstruppe auf Hochtouren läuft und sie bereits massiv in Afghanistan Krieg führt. Von „Krieg“ sprach der in Uniform angetretene Soldat dabei freilich nicht, sondern viel lieber von humanitären und „friedensstiftenden Missionen“. Beeindruckend offen betonte er allerdings das neue Selbstverständnis der deutschen Streitkräfte: Die Bundeswehr sei ein „weltweit operierendes Unternehmen“, erklärte Hauptmann Mörtl mit einer Selbstverständlichkeit, als würden die Soldaten in Afghanistan Staubsauger an verzweifelte Hausfrauen verkaufen.
Kritik unerwünscht
Kritische Nachfragen einiger Anwesender wurden von Dozentin Dr. Astrid Seckelmann wiederholt abgeblockt. Die Bundeswehr bezeichnete sie als „normalen Arbeitgeber, wie alle anderen, die für das Kolloquium eingeladen wurden”. Die KritikerInnen der einseitigen Veranstaltung forderte sie sogar auf, den Raum zu verlassen, wenn ihnen der Arbeitgeber oder das Thema nicht zusagten. Als VertreterInnen des Bochumer Bildungsstreik-Bündnisses sie auf ihre ethische und wissenschaftliche Verantwortung ansprachen, brach sie die Diskussion ab.
Krieg ist Krieg
„Soldaten werden zum Töten von Menschen ausgebildet, zu Befehl und Gehorsam. Das sollte niemand vergessen”, erklärten dagegen die Bildungsstreik-Aktiven, die an der Veranstaltung teilgenommen haben. „Wir stehen für eine Hochschule, an der für den Frieden geforscht werden soll statt Nachwuchs für das Militär zu produzieren. Und für eine Uni, an der weder Soldaten noch die Verharmlosung von Kriegen etwas zu suchen haben.“
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