Auch die etwa 150 Demo-Teilnehmenden vom Samstag wurden mit einem großen Polizeiaufgebot konfrontiert. Schon im Vorfeld der Demonstration hatte die Polizei ohne erkennbaren Anlass Personalien zahlreicher Protestierender aufgenommen und die Demonstration bereits vor Beginn gefilmt. Während der Demo nahmen die Ordnungskräfte zwei Demonstrant_innen unter teils erheblicher Gewaltanwendung fest.
Unverhältnismäßige Polizeigewalt
Mit deutlichen Worten prangert Thomas Wings, Rechtsanwalt des am 26.3. in der Bochumer Gesa offensichtlich Misshandelten, das Polizeiverhalten im Umfeld der gesamten Proteste an: „Wenn ich die Bilddokumentation sehe, so liegt die Unverhältnismäßigkeit des Ganzen auf der Hand.“ Am 26.3. hatten sich in Bochum-Ehrenfeld unglaubliche Szenen abgespielt, nachdem etwa 50 Aktivist_innen, versucht hatten, die Anfahrt der gegen islamische Einrichtungen hetzenden „pro NRW“ mit einer Sitzblockade an der Ecke Hattinger/Grottenstraße zu blockieren: Als der „pro NRW“-Konvoi, der aus mehreren von der Polizei flankierten Fahrzeugen bestand, vor der Sitzblockade wendete, um eine andere Route zum Ort der Mahnwache zu nehmen, eskalierte die Polizeigewalt. Rund 20 Demonstrierende wurden von den Polizeikräften mit Fäusten und Knüppeln geschlagen, als sie versuchten, den Konvoi zu stoppen. Viele von ihnen wurden brutal zu Boden geworfen und teils mit dem Kopf auf das Straßenpflaster geschlagen. Eine Demonstrantin trug nach Schlagstockhieben ein Schädel-Hirn-Trauma davon.
Keine Toleranz der Intoleranz
Die Antifaschistische Jugend Bochum stuft das Polizeiverhalten vom 26.3. sowie am vergangenen Samstag als systematische Eskalationsstrategie ein, die auf einer Weisung des Innenministeriums NRW beruhen könnte. Diesen Verdacht erhärtet zumindest der Umstand, dass sämtliche Polizeimaßnahmen in Nordrhein-Westfalen im Umfeld des „pro NRW-Aktionswochenendes“ in Duisburg, Essen, Mülheim, Oberhausen, Gelsenkirchen, Herten und Bochum auf ministerielle Weisung von der Duisburger Polizei koordiniert wurden, die auch für das harte Vorgehen in Bochum verantwortlich war. Um die näheren Umstände der unverhältnismäßigen „Null-Toleranz-Strategie“ der politisch Verantwortlichen sowie der polizeilichen Einsatzleitung aufzuklären, wird daher eine Anfrage im Landtag NRW vorbereitet. Zudem könnte das Polizeiverhalten ein juristisches Nachspiel haben: „Sollte sich dies auch vor Gericht bewahrheiten, dürften angebliche ‚Widerstandshandlungen’ von Polizeiübergriffen Betroffener völlig anders bewertet werden“, so Thomas Wings. Hierfür spricht ebenfalls, dass seitens einzelner Polizist_innen der am 26.3. in Bochum eingesetzten Duisburger Hundertschaft – darunter laut Augenzeug_innenberichten auch der Einsatzleiter selbst – mehrfach Drohungen noch weitergehender Gewaltanwendung ausgesprochen worden seien.
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