Wenn man den Beschreibungen zum B.A.-Studium, etwa auf der Homepage der Ruhr-Uni, Glauben schenkt, dann ist „durch die Einführung des gestuften Studiensystems ein erster schneller berufsqualifizierender Abschluss möglich.“ Man habe also die Möglichkeit, nach einem relativ kurzen, intensiven Studium in das Berufsleben einzusteigen, so die RUB. Dass dies scheinbar nicht der Wirklichkeit entspricht, deuten das Angebot der Otto-Benecke-Stiftung und Erfahrungsberichte von B.A.-Alumni an.
Nie wieder philosophierende Taxifahrer?
Untersuchungen, etwa von der Bundesanstalt für Arbeit, besagen, dass die Nachfrage nach Bachelorabsolventen hoch ist und weiter steigen wird. Ein Forschungsbericht zum Thema „Bildungs- und Berufswege der Absolventen von Hochschulen in Deutschland“ des internationalen Forschungszentrums für Hochschulforschung der Uni Kassel besagt, dass der Berufsstart mit dem Bachelor nicht so schwer sei wie oft angenommen. Die Phase der Stellensuche bis zum Berufsbeginn sei mit bis zu drei Monaten relativ gering. Die Absolventen seien zufrieden, und auch das „Berufsfeld Taxifahrer“ sei für Geisteswissenschaftler kein Thema mehr. Gegenüber den Befürchtungen, dass die Bachelor-Abschlüsse auf dem Arbeitsmarkt nicht akzeptiert würden, zeige sich inzwischen eine fast normale Situation, so das Ergebnis des Forschungsberichts. Einzig die häufig befristeten Verträge und die schwierige berufliche Situation der Naturwissenschaftler mit B.A.-Zeugnis deuteten noch auf Akzeptanzschwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt hin.
Das Hochschul-Informationssystem (HIS) berichtet, dass der Anteil der Geisteswissenschaftler im Dienstleistungssektor wächst und in klassischen Bereichen wie Soziales, Kultur oder Forschung und Lehre abnimmt. Kein Wunder also, dass das Angebot der Otto-Benecke-Stiftung Qualifizierungen für „Betriebliches Sicherheitsmanagement“, „Wirtschaftsorientiertes Konzepttraining“ oder „Suchtberatung“ beinhaltet. Unter anderem erhalten die teilnehmenden Absolventen auch ein Bewerbungstraining und erlernen Präsentationstechniken. Dabei ist doch gerade im B.A.-Studium die Vermittlung von „Softskills“ durch Tutorien und die Studiumsstruktur bereits gegeben. Weiterqualifizierung heißt hier also: Den ‚Quatsch‘, den man im Studium einer Geisteswissenschaft gelernt hat, vergessen und sich schon mal auf die Suchtberatung einstimmen…
Überqualifiziert?
In ihrem Kurzbericht 2009 erläutert das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, dass immer noch viele Akademiker unterhalb ihres Qualifikationsniveaus arbeiten. Das HIS äußert, dass durch die vielen Absolventen der Abschluss heute an Signalwirkung verloren habe und deshalb ein Uniabschluss keine Garantie mehr für einen qualifizierten Arbeitsplatz sei. Unverändert bleibe aber die Tatsache, dass sich studieren auszahle, da Akademiker generell weniger von Arbeitslosigkeit betroffen seien, so das HIS.
Ja, was denn nun?
Warum haben Absolventen dennoch Schwierigkeiten, überhaupt Arbeit zu finden? Und weshalb sollte das BMFB Weiterqualifizierungsmaßnahmen finanzieren, wenn diverse Quellen behaupten, es gäbe gar keine Probleme für Akademikerinnen und Akademiker auf dem Arbeitsmarkt? Abseits von Untersuchungen und Statistiken berichten Betroffene von unzureichender Beratung und schlechtem Service in den Arbeitsagenturen. Oft hätten die Mitarbeiter gar keine Kompetenz, um Akademikerinnen und Akademikern bei der Suche nach einer geeigneten Stelle zu unterstützen. B.A.-Alumni denken nach vergeblicher Jobsuche darüber nach, doch noch ein Masterstudium zu absolvieren. Einige versprechen sich davon auch eine adäquatere Bezahlung. Die sei, neben dem Job, meist auch nicht der eigentlichen Qualifikation entsprechend. Von Weiterqualifizierungsmaßnahmen, wie etwa AQUA, versprechen sich nur die Wenigsten eine Chance. Nachvollziehbar – schließlich hat man ja bereits einen ‚berufsqualifizierenden Abschluss‘.
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