23 Euro pro Monat soll der Fahrschein kosten, der Fahrten in der Preisstufe A1 ermöglicht. Bisher müssen Hartz-IV-EmpfängerInnen dafür den Normalpreis von rund 50 Euro bezahlen. Die Variante des Sozialtickets, die werktags erst nach 9 Uhr genutzt werden kann, soll mit 16 Euro (statt 37 Euro Normalpreis) zu Buche schlagen. Trotz der reduzierten Kosten verspricht Schwarz-Grün den Kommunen, dass sie nicht selbst in die Tasche greifen müssen: Die Kosten sollen durch die steigende Nachfrage und durch eventuelle Erhöhungen in anderen Tarifen finanziert werden. So wird dem Vernehmen nach über die Abschaffung des Bären-Tickets diskutiert, das SeniorInnen verbilligtes Bus- und Bahnfahren ermöglicht.
Erst verschmäht, dann Vorbild
In ihrer Kooperationsvereinbarung sprechen CDU und Grüne offen von „positiven Erfahrungen in Dortmund und im Kreis Unna“. Hier hatten SPD und Grüne gemeinsam ein Sozialticket für 15 Euro pro Monat eingeführt. Eine schwarz-rote Koalition verdoppelte den Preis aber unlängst auf 30 Euro. Da es sich um den 9-Uhr-Tarif handelt, fällt die Ermäßigung so marginal aus, dass viele von der faktischen Abschaffung des Sozialtickets durch die große Koalition sprechen. Insbesondere die CDU hatte im Dortmunder Rat gegen den vergünstigten Fahrschein mobilgemacht. Nach der Erhöhung sind mehrere tausend NutzerInnen abgesprungen.
Lob vom DGB
Obwohl der Preis des jetzt angekündigten Tickets deutlich über dem des ursprünglichen Dortmunder Modells liegt, begrüßt der Bochumer DGB-Regionsvorsitzende Michael Hermund die Einigung: „Seit Jahren hat unsere Bochumer Initiative mit vielfältigen Aktionen ein solches Ticket gefordert. Jetzt kommt es unerwartet schnell. Ein Riesenerfolg, der zeigt: Engagement von Vielen lohnt sich.” Das Ticket werde einkommensschwachen BürgerInnen die Teilhabe am sozialen, öffentlichen und kulturellen Leben ermöglichen, erklärte der DGB. Eindringlich fordert Hermund alle kommunalen Mitglieder der VRR-Verbandsversammlung aus Bochum auf, sich geschlossen hinter die Einführung eines Sozialtickets zu stellen. Hermund wörtlich: „In den Fällen, wo die örtlichen Verkehrsgesellschaften und Kommunen eventuell anfallende Mehrkosten nicht stemmen können, muss die Landesregierung finanziell einspringen. Eine Kostenverlagerung auf die normalen Ticketpreise oder auf die Beschäftigten bei den Verkehrgesellschaften darf es nicht geben.”
Unsichere Stimmen
Das gewerkschaftliche Lob für den schwarz-grünen Beschluss so kurz vor der Landtagswahl dürfte die SPD schmerzen. Auch führende FDP-Vertreter blasen derzeit zum verbalen Angriff: So erklärte der FDP-Landtagsfraktionschef Gerhard Papke in der WAZ, einige CDUler zeigten im Umgang mit den Grünen eine „erschreckende Naivität“: Wer von Schwarz-Grün träume, könne mit Rot-Rot-Grün aufwachen. Während diese Angst vor dem Machtverlust verständlich ist, möchte man jedoch ergänzen: Auch andersherum wird ein Schuh draus. Wer bei den Landtagswahlen für Grün stimmen will, kann sich derzeit nicht sicher sein, damit nicht den CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers wiederzuwählen.
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