Das Prinzip war so einfach wie fragwürdig: Uni-AbsolventInnen, die Probleme damit hatten, ProfessorInnen zur Betreuung ihrer Doktorarbeiten zu finden, lockte das „Institut für Wissenschaftsberatung“ in Bergisch Gladbach mit einem kostspieligen Angebot. Gegen die Zahlung von Summen zwischen 12.000 und 36.000 Euro wollte es vermittelnd tätig werden. Ein Großteil des Geldes, so der Vorwurf, floss in Form von Honoraren an habilitierte WissenschaftlerInnen. Die sollen dafür die DoktorandInnen angenommen haben. Bei der Entgegennahme der Gelder war bei den Betroffenen offensichtlich selten Schuldbewußtsein vorhanden.
Einer der Fälle, der offensichtlich mit krimineller Energie betrieben wurde, deckten die ErmittlerInnen an der Universität Hannover auf: Ein geständiger Juraprofessor wurde dort bereits wegen Bestechlichkeit in 68 Fällen zu drei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Er gab an, aufgrund finanzieller Sorgen für die Betreuung von DoktorandInnen insgesamt 184.000 Euro entgegengenommen zu haben – trotz eines Nettogehalts von knapp 5.000 Euro monatlich. Die Universität hat inzwischen neun dieser Doktortitel wieder einkassiert.
16 Beschuldigte in NRW
Die Fälle, die jetzt verhandelt werden, sind im Rahmen der Hannoveraner Ermittlungen aufgeflogen. Die mutmaßlich Geschmierten besetzen bis auf wenige Ausnahmen keine ordentlichen Lehrstühle, sondern waren als PrivatdozentInnen und HonorarprofessorInnen beschäftigt. Die NRW-Landesregierung erklärte, 16 der etwa hundert mutmaßlich Bestochenen seien an nordrhein-westfälischen Hochschulen tätig gewesen – nämlich in Duisburg-Essen, Witten-Herdecke, Düsseldorf, Aachen, Bonn, Münster, Köln sowie einer auch in Bochum.
Hohe Dunkelziffer
Die Vermutung liegt nahe, dass in den aktuellen Verfahren nur die Spitze eines viel größeren Eisbergs verhandelt wird. So erklärte der Münchner Wirtschaftsprofessor Manuel René Theisen, der seit zwanzig Jahren zu dem Thema arbeitet, gegenüber dem Spiegel: Kommerzielle Promotionsberatung sei in Deutschland ein millionenschwerer Markt. Viele der angebotenen Dienstleistungen spielten sich in einer rechtlichen Grauzone ab. Die Bandbreite beginne bei der Datenbankrecherche nach potentiellen BetreuerInnen und gehe über die Kontaktvermittlung bis hin zum handfesten Ghostwriting ganzer Promotionsschriften. Das steht natürlich im krassen Widerspruch zum eigentlichen Ziel einer Promotion: Der Doktorgrad soll schließlich gerade die Fähigkeit zum selbstständigen wissenschaftlichen Arbeiten unter Beweis stellen. Derartige Praktiken landen bisher allerdings selten vor Gericht und werden auch von den Universitäten kaum entdeckt.
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