Aus heutiger Sicht ist es kaum vorstellbar, dass Wenner seinen Job als Polizeipräsident in Bochum vor 16 Jahren einmal als Hoffnungsträger begann. Seine Amtsvorgänger waren schließlich ziemlich harte Hunde gewesen: In der Terrorhysterie der 70er Jahre waren in Bochum mehrere Menschen “versehentlich” erschossen worden.
Aufstieg und Fall
Wenner wurde im Jahr 1993 Polizeipräsident, als mit Herbert Schnoor in Düsseldorf ein Innenminister amtierte, der ernsthaft versuchte, in der Polizei eine Deeskalationsstrategie durchzusetzen, die dem Einsatz von Polizeiknüppeln vorgezogen werden sollte. In dieser entspannten Situation kamen Bochumer Polizisten auf die Idee, für ihre körperliche Ertüchtigung eine Squashhalle im Keller des Präsidiums zu bauen. Beantragt und abgerechnet wurde das Ganze allerdings als Hochregallager. Die Geschichte flog auf. Wenner behauptete, nichts gewusst und gemerkt zu haben. Damit machte er sich zum Gespött. Ein Polizeipräsident, der nicht mitbekommt, dass in seinem Haus eine Squashhalle gebaut wird, hatte keine Chancen mehr auf einen weiteren Aufstieg.
Wenner realisierte dies bald und agierte fortan nach dem Motto: “Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.” Die jetzt vollzogene Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand war schließlich das Schlimmste, was ihm passieren konnte. Wenner profilierte sich nun als Law-and-Order-Mann, der alles unangepasste Verhalten aus der Stadt vertreiben wollte, als Naziverharmloser erster Güte, als Antikommunist der Sonderklasse und als Dienstvorgesetzter, der sich völlig unkritisch vor die zweifelhaftesten Aktionen seiner Beamten stellte.
Rohe Gewalt…
1998 knallte die Polizei einen Festgenommen derart heftig mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe eines Autos, dass sie zerbarst. Laut Polizeibericht war der Polizeieinsatz aber erfolgt, weil der Festgenommene die Scheibe zerstört habe. Als die Bochumer Grünen und die WAZ das Vorgehen der Polizei kritisch hinterfragten, schimpfte Wenner in einem offenen Brief, dass Grüne, WAZ und alternative Kulturszene gemeinsam die Gewalt von Autonomen gegen die Polizei unterstützten.
…und immer wieder Nazis
Immer wieder fiel Wenner dadurch auf, wie er das Auftreten von Nazis verharmloste. Bei einigen Nazi-Aufmärschen kam es 2003/2004 zu einer regelrechten Kollaboration zwischen Nazis und Polizei. Die Öffentlichkeit wurde nicht informiert, GegendemonstrantInnen verfolgt und kriminalisiert. Die offensichtliche Gewalt, die von zwei Neonazikneipen in der Brüderstraße ausging, wurde von der Polizei lange geleugnet. Immer waren es die berühmten Einzeltäter, die hier MigrantInnen und Antifas überfielen. Erst als Nazis dann gegen den Bau der Synagoge in Bochum hetzten, gelang es, Wenner zu einem Verbot einer Nazidemo zu bewegen. Bei dem dann stattfindenden Naziaufmarsch gegen den Bau der Synagoge kam es zu einer Fülle von Straftaten, ohne dass die Polizei die Demonstration auflöste. Der jüngst in den Stadtrat gewählte Nazi Cremer wurde anschließend wegen Volksverhetzung verurteilt.
Ähnlich verhielt es sich bei dem Nazi-Aufmarsch im letzten Herbst: Auch hier gab es etliche Straftaten, ohne dass der Aufmarsch beendet wurde. Zu Nazis und GegendemonstrantInnen hatte Wenner im Vorfeld den Kommentar abgelassen: „Die einen habe ihre KZs, die anderen ihre Gulags.“
Muslime, Junkies und
Quotenbringer
Gerichtlich verurteilt wurde auch ein anderes Fehlverhalten der Bochumer Polizei. Völlig willkürlich waren zwei Moscheen umzingelt, hunderte von BesucherInnen kontrolliert und beim Fehlen von Ausweispapieren festgenommen worden. Wenner stellte praktisch eine ganze Religionsgemeinschaft unter Generalverdacht.
Völlig rechtsstaatlich gab sich Wenner schließlich, als in Bochum Drogenabhängige im Rahmen des Methadonprogramms behandelt wurden. Hier torpedierte er die Arbeit, indem er Süchtige vor den Ausgabestellen kontrollierte. Solange das Betäubungsmittelgesetz nicht geändert sei, so Wenner, müsse hier schließlich dem Verdacht auf Straftaten nachgegangen werden.
Eine der übelsten Geschichten, die wahrscheinlich nur unter einem Präsidenten Wenner möglich ist, dürften die Fernsehauftritte von Toto und Harry sein. In dieser Sendung werden Einsätze der beiden Beamten gefilmt, scheinbar anonymisiert und einem Millionenpublikum präsentiert. In Dutzenden Fällen sind hier Menschen öffentlich an den Pranger gestellt worden. Natürlich können NachbarInnen oder andere Beteiligte immer die Opfer der Polizei identifizieren. Es bleibt zu hoffen, dass die NachfolgerIn von Wenner dieses menschenunwürdige Schauspiel und das Kapitel des Vorgängers beendet.
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