Mit den nicht einmal hundert Stipendienplätzen glaubt Weiler darauf hinwirken zu können, „die Anziehungskraft der RUB als engagierte und an jungen Talenten interessierte Universität deutschlandweit zu erhöhen“. Die „deadline“ für Zusagen privater SpenderInnen war der 30. Juni, und tatsächlich wurde die angestrebte, im Verhältnis zu rund 30.000 eingeschriebenen Studierenden allerdings äußerst geringe Stipendienzahl erreicht: Etwa 20 Einzelpersonen sowie 65 überwiegend mittelständische Unternehmen und Charity-Organisationen haben sich zur Bereitstellung der entsprechenden Stipendienmittel bereit erklärt. Unter einer „lebendigen Stipendienkultur“, die Weiler in seinem Brief propagierte, stellt man sich allerdings etwas anderes vor als eine Handvoll Euro weit unter dem Hartz-IV-Regelsatz.
Avantgarde akademischer Armenelite
Dabei sind die Ziele hochgesteckt: „Durch den Aufbau einer solchen Stipendienkultur können mehr talentierte junge Menschen an der RUB studieren und sich besser auf ihr Studium konzentrieren.“ Bravo! Zehntausende RUB-Studis zahlen Studiengebühren und haben zum Teil mehrere Jobs, um sich irgendwie durchzuschlagen, während sich ganze 85 Auserwählte sozusagen als Avantgarde der neuen akademischen Armenelite immerhin keine Sorgen um die Wohnheimmiete mehr machen müssen. Klingt nach einer echten Innovation! Und 2010 soll die Zahl der Stipendienplätze auf 170 verdoppelt werden – wenn das kein Ausblick in eine rosige Zukunft ist.
Studi-Patenschaften-Vermittlung
Laut rektoralem Bittbrief der RUB können UnternehmensvertreterInnen und Privatpersonen die von ihnen mit einer Spende von 150,- Euro monatlich oder einer Einmalzahlung von 1.800,- Euro geförderten Studierenden „auf unserer Dankesfeier persönlich kennenlernen.“ Aber nicht nur das: „Auf Wunsch vermitteln wir Patenschaften, mit denen Sie von Ihnen geförderte Studierende über eine längere Zeit begleiten können.“ Späteres Rasenmähen auf dem Anwesen des noblen Spenders sicherlich nicht ausgeschlossen. Selbstverständlich ausdrücklich eingeschlossen dagegen ist, dass „alle Spenden für Einzelpersonen und Unternehmen steuerlich abzugsfähig“ sind. Auch können sich die SpenderInnen aussuchen, ob sie etwa lieber GermanistInnen oder AtomphysikerInnen fördern wollen.
Erst in den Sumpf stoßen, dann die Hand reichen
Wer glaubt, die Propagierung der Stipendieninitiative des innovativen NRW-Ministeriums durch das RUB-Rektorat würde zu einer substantiellen Verbesserung der Lage der Studierenden führen, hat sich freilich getäuscht. Zudem zeigt sich deutlich die Doppelzüngigkeit einer Uni-Leitung, die zum einen nicht müde wird, die hohe individuelle Belastung durch Studiengebühren zu verharmlosen und gleichzeitig einräumt, dass Stipendien zur Entlastung der Studis Not täten. Ganz abgesehen von der ethischen Unsitte, Menschen erst in den Gebührensumpf zu stoßen und sich dann durch Beschaffung von ein paar niedrig dotierten Stipendienschecks als edler Retter zu inszenieren.
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