Neben der kontrovers diskutierten Bewertung von LehrerInnen besteht auf spickmich.de allerdings auch die Möglichkeit, die Rahmenbedingungen des Lernens zu bewerten. So können die technische Ausstattung und das Schulgebäude bewertet sowie die Stimmung unter den MitschülerInnen gemessen werden, und sogar das Demokratieverständnis kommt durch den Bewertungspunkt „Mitspracherecht“ nicht zu kurz. Warum sehen die Schulen darin nicht einen enormen Gewinn? Schließlich macht spickmich.de für diese ein kostenloses Qualitätsmanagement. Natürlich verfolgen dabei die Betreiber von spickmich.de kommerzielle Interessen und handeln nicht nur aus Wohlwollen gegenüber den SchülerInnen.
Prüfungsangst
Man bekommt nicht den Eindruck, dass der ganze Tumult um die Bewertung von LehrerInnen nur mit Persönlichkeitsrechten zu tun hat. Letzten Endes geht es um die Bewertungsangst – darum, dass man schlecht abschneiden könnte und von seinen SchülerInnen, mit denen man tagtäglich umgehen muss, verunglimpft wird. Dabei geht es den SchülerInnen (und ja: natürlich gibt es Ausnahmen) gar nicht nur darum, Unfrieden zu säen. Schaut man sich mal die Bewertungen an, so findet man nicht selten Einser-KandidatInnen unter den LehrerInnen – ein schönes Kompliment.
Für LehrerInnen sollte es elementarer Bestandteil ihres Berufes sein, Bewertungen bezüglich der eigenen Lehrtätigkeit einzuholen. Dazu stellt spickmich.de allerdings keinen angemessenen Rahmen dar: So wie SchülerInnen die Möglichkeit haben, ihre Noten geheim zu halten, so sollten dann auch LehrerInnen nicht auf Webportalen öffentlich und von potentiell allen Mitgliedern bewertet werden. Der LehrerInnenberuf ist ohne Frage einer der schwierigsten und oftmals – auch aufgrund anstrengender SchülerInnen – frustrierend. Doch dass die Motivationskurve vieler LehrerInnen (und ja: auch hier gibt es viele Ausnahmen), spätestens sobald sie verbeamtet sind, stetig abnimmt, ist damit allein nicht zu rechtfertigen.
Demokratischer Ausbau
Würde es darum gehen, das Bewertungssystem zu optimieren, müsste man folgende Vorschläge machen: Die gefürchtete Kompetenzbewertung sollte nicht ausgeschlossen werden. Gleichzeitig darf aber keine Vermischung mit Sympathiefaktoren stattfinden, wie es auf spickmich.de der Fall ist: Dort wird nämlich eine undifferenzierte Gesamtbewertung der LehrerInnen abgegeben. Man sollte eine Bewertung durch mehrere Unterpunkte ausbauen: So könnten LehrerInnen differenzieren zwischen Urteilen über ihre Person (das darf sie kalt lassen, spielt aber sicherlich auch in eine erfolgreiche Wissensvermittlung mit rein) und Urteilen über die Wissensvermittlung als solche (wie abwechslungsreich ist der Unterricht? Wird der Stoff zeitgemäß präsentiert?). Wenn man so weit geht, muss man allerdings auch die LehrerInnen in Schutz nehmen und einräumen, dass sie vielen Vorgaben unterworfen sind und dadurch ihre Lehrtätigkeit enorm erschwert wird.
Dieses Bewertungssystem schließt gegenseitigen Respekt nicht aus. Dass es momentan scheint, als rächen sich die SchülerInnen an ihren LehrerInnen, ist nicht verwunderlich. Sie werden eben selten gefragt, wie es ihnen an ihrer Schule ergeht, welche Verbesserungsvorschläge sie haben oder was ihnen richtig gut gefällt. Anstatt sich über die kommerziellen Bewertungsplattformen im Internet aufzuregen, sollten die LehrerInnen lieber gemeinsam mit den SchülerInnenvertretungen daran arbeiten, spickmich und Co überflüssig zu machen – durch den Auf- und Ausbau angemessener Mitbestimmungsstrukturen an den Schulen selbst.
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