Aus dem ganzen Bundesgebiet werden die Betroffenen nach Dortmund gekarrt, um sie dort ethnisch und national einzusortieren. Mitunter auch ohne Beweise erklären Botschaftsmitarbeiter afrikanischer Staaten bei diesen Sammelanhörungen die vorgeführten Flüchtlinge zu Staatsangehörigen ihres Landes. Das ist die Voraussetzung dafür, dass der deutsche Staat sie abschieben kann. Die Praxis ist umstritten und gilt als dubios, denn die MitarbeiterInnen der afrikanischen Botschaften werden von der Ausländerbehörde dafür bezahlt, dass sie die Befragungen durchführen und Flüchtlinge als ihre Landsleute erkennen – ein ansehnlicher Zuverdienst für die Diplomaten.

Die Skandale häufen sich

Im Jahr 2006 berichteten Flüchtlinge nach Anhörungen durch eine guineische Delegation, der Leiter der Delegation sei in seinem Land ebenfalls als „Schlepper“ tätig und habe sie nach Europa gebracht; die Abschiebungen fanden trotzdem statt. Insbesondere gegen Mitarbeiter der nigereanischen Botschaft wurden immer wieder Vorwürfe laut, sie würden im Auftrag der deutschen Behörden auch Flüchtlinge aus anderen afrikanischen Ländern mit nigereanischen Papieren ausstatten, damit sie aus der Bundesrepublik abgeschoben werden können.

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Ab in den Bürgerkrieg

In diesem Jahr fanden in Dortmund zwei Sammelanhörungen von Flüchtlingen statt, die vermeintlich aus der Demokratischen Republik Kongo stammen – natürlich, um sie in das zentralafrikanische Land abschieben zu können, in dem in den vergangenen zehn Jahren 5,4 Millionen Menschen im Konflikt zwischen Regierung und Rebellen ums Leben gekommen sind. Die jüngste Welle der Gewalt begann Ende August. Presseberichten zufolge wurden allein in der Provinz Nord-Kivu seit September mindestens hundert ZivilistInnen getötet. Nach Schätzungen der UNO sind eine Viertelmillion Menschen auf der Flucht – unter anderem vor den Massenvergewaltigungen, von denen nicht nur die Opfer, sondern auch Ärzte berichten.

Sind Deutsche mehr wert?

Dabei kann man sich kaum des Eindrucks erwehren, dass es für die deutsche Bürokratie Menschen erster und zweiter Klasse gibt. Während die Ausländerbehörden AfrikanerInnen in das Bürgerkriegsland transportieren wollen, warnt gleichzeitig das Auswärtige Amt davor, die Demokratische Republik Kongo zu betreten: „In allen Regionen des Landes kann es zu nicht vorhersehbaren gewalttätigen Unruhen kommen.“

Endlich Widerstand

In Dortmund rührt sich jetzt erstmals massiver Widerstand gegen die dort angesiedelte Ausländerbehörde. Ein Bündnis fordert ein Ende der dubiosen Sammelanhörungen und die Abschaffung der Ausländerbehörde. Denn auch die anderen Aufgaben der Institution seien menschenverachtende Praktiken des deutschen Staates – etwa die „Betreuung“ der Flüchtlinge in Büren, der größten Abschiebehaftanstalt Europas, oder die Organisation und Begleitung von Abschiebecharterflügen in die Türkei.

Zentrale Ausländerbehörde Dortmund abschaffen!
Kundgebung und Demonstration vor der Zentralen Ausländerbehörde Dortmund (Olpe 1, Dortmund-Stadtmitte).
Donnerstag, 04.12.08 ab 16:30 Uhr

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