Alt-ehrwürdig und seit über zwanzig Jahren etabliert ist der Bahnhof Langendreer. Das soziokulturelle Zentrum ist aus der Innenstadt gut mit der S-Bahn zu erreichen. Mitte der 1980er Jahre verhinderte eine Bürgerinitiative den Abriss des Bahnhofsgebäudes und ermöglichte so einen Veranstaltungsort, in dem unzählige kulturelle und politische Initiativen ein Zuhause fanden. Zwar sind die Getränkepreise in der Kneipe im Bahnhof heute nicht mehr wirklich studifreundlich, und der überdimensionale schwarzrote Stern an der Fassade leuchtet auch nicht mehr imposant in die Dunkelheit – eine Fahrt nach Langendreer lohnt sich aber trotzdem häufig. Zum Beispiel, wenn im Programmkino „Endstation“ mal wieder ein Streifen läuft, den es sonst nirgendwo in der Region zu sehen gibt, oder wenn in der großen Halle eine gute Band auftritt. Initiativen wie die „Medizinische Flüchtlingshilfe“ oder das „Bochumer Friedensplenum“ nutzen nach wie vor das Raumangebot des Bahnhofs.

Ein Zentrum im Zentrum

Seit inzwischen drei Jahren gibt es auch in der Bochumer Innenstadt wieder einen von Initiativen selbstverwalteten Ort. Das Soziale Zentrum in der Rottstaße 31 ist inzwischen von der politischen Landkarte der Stadt nicht mehr weg zu denken. Hier ist ein unkommerzieller Treffpunkt entstanden, der ganz unterschiedlich mit Leben gefüllt wird: Freitagabends findet die „EntflammBAR“ statt, mal als Cocktailbar, mal mit „Volxküche“, und manchmal auch mit der „Radical Movie Session“. An vielen Samstagabenden ist im Sozialen Zentrum das „FUB-Café“ angesagt. Die „Freie Universität Bochum“ (FUB) hatte 2006 im Zuge der Proteste gegen Studiengebühren die ehemalige Übergangsmensa der Ruhr-Uni (heute: Tutorienzentrum) besetzt und für acht Monate in ein selbstorganisiertes Veranstaltungszentrum verwandelt. Seit der gewaltsamen Räumung durch zwei Polizei-Hundertschaften stellt das „FUB-Café“ einen zwanglosen und informellen Raum dar, um sich auszutauschen, Pläne zu schmieden oder einfach nur eine Runde Kicker zu spielen.

Alles für alle, und zwar umsonst

Jeden ersten und dritten Sonntag im Monat lädt „Food not Bombs“ zum kostenlosen veganen Essen ins Soziale Zentrum – und wenn Interesse besteht, auch zum Mitkochen und Mitdiskutieren. Denn die Aktiven wollen weit mehr als nur sattmachen: Das kostenfreie Verteilen von Nahrung ist eine politische Praxis, mit der die auf Warenwert ausgerichtete Gesellschaft und ihre Herrschaftsformen praktisch kritisiert werden sollen. Ein ähnliches Konzept verfolgt der kürzlich gegründete „KostNixLaden“ im ersten Stock des Sozialen Zentrums, der jeden Sonntag geöffnet hat: Hier können alle BesucherInnen Gegenstände mitnehmen, für die sie eine Verwendung haben – ohne Geld und Gegenleistung. Es werden Dinge angeboten, die Menschen im Laden abgeben, weil sie sie nicht mehr brauchen, die andererseits jedoch zu schade sind, um sie wegzuwerfen.

Wer bastelt, hat Recht

Ebenfalls im ersten Stock des „Sozialen Zentrums“ hat sich das „Labor“ eingemietet. Von manchen liebevoll als „Computer-Nerds“ bezeichnet, setzen sich die Aktiven mit dem Spannungsfeld Mensch-Technik-Gesellschaft kritisch und kreativ auseinander. Hier trifft sich auch die Bochumer „GNU/Linux User Group“. Außerdem sind Datenschutz und Kryptographie wichtige Themen. In dem ausgedehnten Experimentierbereich des „Labors“ wird an diversen Projekten gebastelt und gelötet.

Schwarz auf weiß

Lesestoff gefällig? Der „Notstand“ bietet Zeitschriften, Zeitungen und Bücher im Sinne einer kritischen Gegenöffentlichkeit an. Themenschwerpunkte sind Antirassismus, Antifaschismus, Anarchismus, Kultur, linke Theorie und Internationalismus. Im Sozialen Zentrum werden aktuelle Publikationen verkauft, an der Ruhr-Uni unterhält die Initiative unter anderem ein politisches Archiv mit knapp 30.000 Zeitschriften, Broschüren, Plakaten und Flugblättern.

Im Netz ohne doppelten Boden

Wie soll man bei all diesen Mitmach-Angeboten den Überblick behalten? Die gute Nachricht: Wer in Bochum mit dem Studium anfängt, hat es einfacher als anderswo, denn es gibt das Internetportal bo-alternativ.de. Auf der Homepage findet sich nicht nur ein stets aktueller Terminkalender, sondern es gibt auch Verweise zu gut 120 Bochumer Initiativen und Gruppen, die irgendwie als „links“ oder „alternativ“ einzuordnen sind. Die Seite versorgt ihre BesucherInnen außerdem mit aktuellen Nachrichten aus einem außerparlamentarischen Blickwinkel und versteht sich so als Sprachrohr der vertretenen Gruppen.

Links und Infos zu den vorgestellten
Initiativen: www.bo-alternativ.de

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