„Mit dem PolDi wollen wir an eine gute Tradition anknüpfen und wieder einen festen Termin für offenen Austausch über gesellschaftskritische Fragestellungen auf dem Campus etablieren“, meint Devi Dumbadze, Referent für Kritische Wissenschaften. Unterbrochen wurde diese Tradition unter anderem im letzten Jahr: Der damals amtierende AStA hielt das Referat für Kritische Wissenschaften schlicht für nicht wichtig genug und hat es abgeschafft. Kritische Wissenschaften gehören aber zum universitären Leben dazu, nur finden sie immer weniger Platz in den regulären Vorlesungsverzeichnissen. An den Kritischen Wissenschaften klebt dabei stets das Label „links“ zu sein, oder sie seien, wie die Liberale Hochschulgruppe vermutet, gleichbedeutend mit „Kommunismus“. Tatsächlich sind die Vertreter der berühmten „Frankfurter Schule“, etwa Habermas, Adorno oder Horkheimer, welche die „Kritische Theorie“ entwickelt haben, politisch eher links einzuordnen. Aber es geht bei der Kritischen Wissenschaft keineswegs darum, eine stumpfe Ideologie vorzubeten, sondern insbesondere, die Hochschule als Freiraum zu verteidigen, in den andere gesellschaftliche Akteure nicht ohne weiteres eingreifen können. Genau dies passiert aber in den letzten Jahren: Das Bildungsideal Humboldts wird an keiner Uni in der Bundesrepublik mehr gelebt.
Besonders nach der Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen zielen die Hochschulen vor allem darauf ab, dem akademischen Nachwuchs möglichst schnell und effizient Fähigkeiten zu vermitteln, die seine „Employability“ verbessern: Also Wissen zu vermitteln, das wirtschaftlich verwertbar ist und angeblich „praxisnah“, so dass Absolventinnen und Absolventen ihre erworbenen Fähigkeiten umgehend an ihre Arbeitgeber verkaufen können. Dumm nur, dass selbst die kalte Füße bekommen. „Ich stelle niemanden ein, nur weil er 23 ist“, erklärte etwa Volker Westedt, der bei der Deutschen Bahn für den Bereich Nachwuchsgewinnung verantwortlich ist, gegenüber dem Spiegel. Die Stundenpläne seien zu starr und die Studierenden hätten keine Zeit für Praktika und Auslandssemester mehr, meint er. Auch der Präsident des Deutschen Hochschulverbands, Bernhard Kempen, ist skeptisch: „All diese haarklein festgelegten Module führen zu einem Scheuklappen-Studium, das den Blick nach rechts und links verstellt. Damit werden wir keine Innovationsträger und Funktionseliten heranziehen.“ Mittlerweile finden kaum noch Inhalte einen Platz an den Hochschulen, die diese Scheuklappen verhindern könnten. Ganze Studiengänge werden gestrichen, weil sie nicht rentabel erscheinen, und Lehrstühle von kritischen Professoren werden mit zahmeren Nachfolgerinnen und Nachfolgern besetzt. So wird die Hochschule als fortschrittliche Institution untergraben, und es ist nicht mehr sie, die gesellschaftlich relevante Debatten anstößt, sondern andersherum sind es Politik und Wirtschaft, die immer mehr Einfluss auf die Hochschulen ausüben. Der „Politische Dienstag“ bietet nun wieder die Möglichkeit, über den Tellerrand zu blicken und der Verwertungslogik wenigstens einmal pro Woche ein Schnippchen zu schlagen.
Das Programm für das laufende Semester findet ihr unter: www.asta-bochum.de/-KriWi-.html
sjn
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