Bild: Gebaut wird, aber für wen? Das Manifest „Von Detroit lernen“ kritisiert, dass mit Prestigeprojekten wie dem Dortmunder U Leerstände und die Entstehung von Armutsvierteln einhergehen., Die Initiative Recht auf Stadt präsentiert das Manifest „Von Detroit lernen“ Foto: bent

Das Ruhrgebiet retten: Das schreibt sich das Netzwerk Recht auf Stadt-Ruhr von urbanen AktivistInnen, WissenschaftlerInnen, JournalistInnen und AkteurInnen aus Kultur und Sozialem auf die Fahnen. Schon im letzten Jahr fand die „Intervention – Stadt für alle“ statt, seit September ist das Manifest „Von Detroit lernen“ veröffentlicht und geht nun auf Tour: Präsentationen und Lesungen folgen in Dortmund, Bochum und Duisburg.

Die jüngsten Hausbesetzungen haben es gezeigt: Selbstverwaltete Räume für Kultur und Soziales sind im Ruhrgebiet möglich. Während der sechstägigen Zeit des Sozialen Zentrums Avanti am Borsigplatz packten AktivistInnen, aber auch NachbarInnen an, um etwas aufzubauen, das nicht ausschließlich der Profitlogik folgt. Genau das kritisiert die Initiative Recht auf Stadt-Ruhr: Die „unternehmerische Stadt“ als Imperativ der urbanen Planung.

Im Manifest „Von Detroit lernen“ wird die fordistische Industriestadt als dystopische Referenz angeführt – „als Inbegriff der postindustriellen Stadt.“ Formen der Deindustrialisierung treten auch im Ruhrgebiet mit dem „Strukturwandel“ auf – das „Detroit-Projekt“ reflektierte etwa jüngst mit Kultur die Schließung des Bochumer Opel-Werks. Für die Recht-auf-Stadt-Initiative ist das noch nicht der Schlusspunkt: „Der Prozess der Deindustrialisierung hat hier sein Ende noch nicht erreicht. Die sozialen Tragödien und der Verfall des Ruhrgebiets werden hinter dem Wortgeklingel ,MetropoleRuhr‘ oder ,Region im Wandel‘ versteckt“, heißt es im Manifest.

Abschied von der Industrie und der Vollbeschäftigung

Kritisiert wird auch der Diskurs, der Standortvorteile suggeriert oder der alten Zeit der Vollbeschäftigung in einer Industrieregion hinterhertrauert: „Wir denken, der erste Schritt zu einer Veränderung ist der, sich endlich einzugestehen, dass dieses Ruhrgebiet der ,Malocher‘ entgültig der Vergangenheit angehört. Wir trauern dem Verschwinden der für das Ruhrgebiet typischen Industriearbeit nicht nach. Wir wollen die Bilder von den heldenhaft verklärten Arbeitsmännern nicht mehr sehen. Wir stellen diese Identität stiftende Ruhrgebietsfolklore in Frage.“

Freiräume statt Prestigeprojekte

Auch im Ruhrgebiet reagierten neoliberale StrippenzieherInnen der Stadtplanung mit Prestigeprojekten, in die – auf Wachstum hoffend – Milliarden gepumpt wurden, was die InitiatorInnen ebenso bemängeln: „Die Gleichgültigkeit, mit der die Mehrheitsgesellschaft dieser sozialen Zerstörung zuschaut, empört uns. Wer neben die Armutsquartiere Leuchttürme baut, auf dass ihr Licht früher oder später auch die Armen erreicht, ist nicht nur ignorant, sondern zynisch.“ So zieht etwa auch das Leuchtturmprojekt Dortmunder U, das sich über der Nordstadt erhebt, seinen Schatten nach sich: „In einigen Stadtbezirken hat sich in den letzten Jahren eine hohe sozialräumliche Verdichtung der Armut eingestellt. So leben in der Dortmunder Nordstadt rund 50 Prozent aller Kinder von Leistungen nach SGB II.“ Diese Politik der Stadtplanung sei nun am Ende  – „die selbstorganisierten Netzwerke haben die Zukunft.“ Mit der Vorstellung und Diskussion des Manifestes geht es ab dem 16. September im Dortmunder Nordpol los.
 

Zeit:punkte

Vorstellungen und Diskussionen des Manifestes:

16. September, 19.30 Uhr. Nordpol, Münsterstr. 99, Dortmund.

23.September, 19:30 Uhr. Syntopia, Gerokstr. 2,  Duisburg                                                                

1. Oktober, 19:30 Uhr. Kunsthallen Rottstr5, Rottstr. 5, Bochum
 

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